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Überblick
Astrologie
Sintflutdebatte
Lav Šubarić
Naturwissenschaft
Die naturwissenschaftlichen Fächer, die im Tirol des 16. Jhs. am intensivsten ge-
pflegt wurden, waren Astrologie und medizinische Botanik. Das einschlägige
Schrifttum sei im Folgenden anhand dreier Texte bzw. Textgruppen vorgestellt.
Auch im 16. Jh. erfreute sich die Astrologie wie schon in den Jahrhunderten
davor in allen Gesellschaftsschichten ungebrochener Beliebtheit. Sie bot den Men-
schen eine Orientierungsmöglichkeit, und zwar sowohl in den Fragen des tägli-
chen Lebens als auch mit Blick auf das Schicksal der ganzen Welt. Letzteres schien
beispielsweise im Jahr 1524 auf dem Spiel zu stehen : Die Planetenkonjunktionen
– das scheinbare Zusammentreffen der Planeten auf einem bestimmten Grad des
Himmelsglobus – zu diesem Jahr hatten schon lange vorher große Furcht ausge-
löst und zu vielen düsteren Vorhersagen geführt. Die Konjunktionenlehre, welche
v.a. in nachantiken, arabischen Schriften beschrieben war, erfreute sich schon bei
mittelalterlichen Astrologen großer Beliebtheit. Den Planeten sowie den Sternzei-
chen, in denen diese zusammentreffen, wurden unterschiedliche Eigenschaften zu-
geschrieben. Dadurch konnten die Auswirkungen einer bestimmten Konjunktion
prognostiziert werden. Auch bedeutende Ereignisse aus Religion und Politik, z.B.
die biblische Sintflut, die Geburt Jesu oder das Auftreten Mohammeds, der Tod von
Kaisern u.ä. wurden von den Astrologen im Nachhinein gerne mit den Planeten-
konjunktionen des jeweiligen Jahres in Verbindung gebracht.
Der Februar des Jahres 1524 bot eine seltene Häufung von zwanzig solchen
Konjunktionen, darunter auch eine nur etwa alle zwanzig Jahre stattfindende
„große Konjunktion“ zwischen Jupiter und Saturn. Eine solche Häufung an Zei-
chen konnte nicht ohne Wirkung bleiben. Schon 1499 wurde in den sogenannten
Ephe meriden – astronomischen Tafeln, in welchen die Lage der Planeten Tag für
Tag verzeichnet wurde – unter den Angaben für Februar 1524 vermerkt, dass der
ganzen Welt bisher ungekannte Umwälzungen bevorstünden (Stoefflerinus Pflaum,
Almanach nova plurimis annis venturis inservientia, Bl. [387]r). Bald wurden aller-
orts Prognosen verkündet, die ihren schriftlichen Niederschlag, besonders ab 1519,
sowohl in für das Volk bestimmten Flugblättern als auch in gelehrten Traktaten
fanden. Über Bedeutung und Auswirkungen der Konjunktionen war man sich je-
doch nicht einig. Einzelne Astrologen gingen von der sicheren Ankunft des Anti-
christen aus, die meisten aber schlossen aus der Tatsache, dass sechzehn von zwanzig
Konjunktionen in einem mit Wasser assoziierten Zeichen, den Fischen, stattfinden
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593