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Übersicht
jesuitischer
Schul- und
Theaterbetrieb Stefan Tilg
Theater
Während des ganzen Mittelalters und noch in der ersten Hälfte des 16. Jhs. ent-
standen in Tirol keine lat. Dramen bzw. ist eine solche Produktion nicht fassbar.
Die aus der lat. Liturgie herausgewachsenen volkstümlichen Spielformen wie z.B.
das Osterspiel sind nur in späteren deutschen Fassungen überliefert. Einzelne lat.
Einsprengsel (vgl. Wimmer 1974), wie sie etwa das sogenannte Innsbrucker Oster-
spiel bewahrt hat, können nicht für eine Geschichte der lat. Literatur beansprucht
werden. Später war die Voraussetzung für die Verwendung des Lat. als Dramen-
sprache die Wiederentdeckung klassisch-antiker Spielformen, doch auch als diese
Voraussetzung erfüllt war, gab es in Tirol zunächst keine Produktion lat. Dramen.
Von der Aufführung von Dramen unter der Regie von Tiroler Lateinschulmeistern
des 15. und 16. Jhs. haben wir nur spärliche Nachrichten (vgl. z.B. Dörrer 1943).
Davon sind weder Texte überliefert noch ist immer klar, ob es sich um lat. oder
volkssprachliche Stücke handelte. Die 1419 geschriebene Catinia – die titelgebende
Figur ist ein Kesselmacher namens Catinius – des aus Levico im Trentino stammen-
den Sicco Polentone (1375/76–1447) ist zum einen kein echtes Drama, sondern ein
Dialog ohne Handlung, zum andern nicht im Gebiet des historischen Tirol, son-
dern in Bologna verfasst worden (vgl. Padoan 1969). So blieb eine nachweisbare lat.
Dramenproduktion den ab der zweiten Hälfte des 16. Jhs. in Tirol tätigen Jesuiten
vorbehalten. Neben den Jesuitendramen ist noch ein Stück des späteren Bischofs
von Brixen, Hieronymus Otto Agricola, zu berücksichtigen, das er in seiner Studi-
enzeit verfasste. Da es Ähnlichkeiten mit einem Strang humanistischer Jesuitendra-
men aufweist, wird es in diesem Zusammenhang besprochen.
Eines der Hauptanliegen der Jesuiten war bekanntlich die mittlere und höhere
Schulbildung, auf die sie durch ihre Gymnasien an vielen Orten beinahe ein Mo-
nopol erhielten. In Tirol eröffneten sie insgesamt drei Gymnasien, das erste 1562
in Innsbruck (vgl. Abb. 36, 37), das zweite bald darauf 1573 in Hall, das dritte
schließlich 1625 in Trient. Wie andernorts auch, wurde gleich darauf der mit der
jesuitischen Schulbildung eng verknüpfte Theaterbetrieb begonnen. Das Theater-
spielen erfüllte mehrere Zwecke : Zunächst war es eine gute Übung im lat. Aus-
druck, dem zentralen Bildungsziel des Unterrichts ; darüber hinaus vermittelte es
Selbstvertrauen und Sicherheit im öffentlichen Auftreten ; schließlich konnten so
auf angenehme Weise den Schülern und dem Publikum Grundsätze jesuitischer
Weltsicht vermittelt werden. Neben kleineren Spielszenen während des Schuljahres
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593