Seite - 27 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung
im Zeichen von Kunstschulreform und
Lebensreformbewegung
2.1 Die Zeit in Wien
2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916
Franz Karl Singer kam als viertes Kind von Hermine Singer (1866–1934), geborene
Haurowitz, und Siegmund Singer (1857–1909)1 am 8. Februar 1896 in Wien zur Welt.
Seine Eltern, die 1888 in Prag geheiratet hatten, stammten aus Familien der Textilin-
dustrie. Franz Singer und seine älteren Geschwister Friederike (1889–1978), genannt
Frieda, Paul (1893–1969) und Julius (1891–1979) wuchsen daher in großbürgerlichen
Verhältnissen auf (Abb. 1).2
Franz Singers Urgroßvater väterlicherseits Samuel Singer (1798–1850) gründete in
Wien die Möbelfedernfabrik und Roßhaarsiederei „Samuel Singer“. Die im 2. Bezirk
in der Fischergasse 4 ansässige Firma wurde von seinen Söhnen Adolf (1824–1892) und
Julius Singer (1826–1890) unter dem Namen „Samuel Singer’s Erben“ weitergeführt.
Julius Singer, Franz’ Großvater, war außerdem Zensor der Österreichisch-Ungarischen
Bank in Wien.3 Dessen Sohn Dr. Siegmund Singer war Franz’ Vater und k.k. Kommer-
zialrat. Er richtete 1885 die „Färberei und Appretur Stockerau Siegmund Singer“ in den
ehemaligen Gebäuden der Kotzenfabrik4 Schaumann in Stockerau ein, die bis 1906 in
Betrieb war.5
Franz’ Mutter Hermine Singer stammte ebenfalls aus einer wohlhabenden in der Tex-
tilindustrie tätigen Familie. Ihr Vater Sigmund Haurowitz (1833–1927) war Großindus-
trieller und Inhaber der von seinem Vater 1867 gegründeten Weberei „L. Haurowitz“ in
Grottau (tsch.: Hrádek nad Nisou) mit Firmensitz in Prag, die er zu einem der bedeu-
tendsten Baumwollbetriebe der Tschechoslowakei ausbaute.6 Hermines Schwestern Olga
1 Das Geburtsdatum ist durch ein erhaltenes Geburtszeugnis aus dem Jahr 1874 aus Privatbesitz einer
Nachfahrin der Familie Singer belegt.
2 Gaugusch 2011, S. 717–718. Die Geburts- und Sterbedaten wurden teilweise ergänzt mithilfe der
Stammbäume aus Privatbesitz einer Nachfahrin der Familie Singer.
3 Gaugusch 2011, S. 713–718.
4 süddeutsch/österr.: „die Kotze/der Kotzen“ beschreibt eine grobe, dicke Wolldecke.
5 Gaugusch 2011, S. 717. Zur Firmengeschichte siehe: Stadtgemeinde Stockerau 2017.
6 Gaugusch 2011, S. 1088–1089.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482