Seite - 162 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Die Wiener Ateliergemeinschaft
1925–1938162
holländische Architekten im Atelier, die Ihre Arbeiten aus den verschiedenen Zeitschrif-
ten kennen.“224
4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934
Bis zum 24. Juni 1933 war Dicker in Wien unter der Adresse Latschkagasse 9/18 gemel-
det, dann gab sie diese Unterkunft auf und übersiedelte in die Tschechoslowakei.225 Sie
zog nach Prag, wo sie im Kreise österreichischer und deutscher EmigrantInnen politisch
aktiv war. Am 30. April 1936 heiratete sie ihren Cousin Pavel Brandeis226 (1904–unbek.),
führte nun dessen Namen Brandeis und lebte in einer Wohnung in Prag XIV. Jaromírova
44 (Abb. 109).227 Neben Zeichenunterricht, den sie Kindern erteilte, richtete sie in Zu-
sammenarbeit mit Grete Bauer-Fröhlich228 und Karola Bloch229 (1905–1994) Wohnun-
gen in Prag ein.230 1937 arbeitete Dicker zusammen mit Bauer-Fröhlich noch einmal im
Auftrag von Singers Atelier für Franz Neumann, der aus seiner 1930 eingerichteten Villa
in Reichenberg nach Prag in eine Wohnung zog. Die Ateliermitarbeiterin Leopoldine
Schrom in Wien blieb deswegen weiterhin mit Friedl Dicker in Kontakt und gab ihr
Tipps „für ihre fernere Wohnungseinrichterei“.231
Singer verlegte ab 1934 seinen Wohnsitz nach London, wo er sich spätestens seit
September aufhielt. Dies dürfte vor allem mit den politischen Umwälzungen in Ös-
224 AGS, Brief Leopoldine Schrom an Franz Singer, 14.3.1935.
225 WStLA, Meldeunterlagen, Friederike Dicker. Auskunft 17.6.2011: 1.8.1930–23.1.1931 9., Blei-
chergasse 18/2/20, vorher: Berlin; 23.1.1931–6.5.1931 18., Cottagegasse 26; 7.5.1931–3.4.1933 9.,
Bleichergasse 18/2/19; 3.4.1933–24.6.1933 9., Latschkagasse 9/18; Abmeldevermerk: Franzensbad,
C.S.R.
226 Pavel Brandeis war der Sohn von Friedl Dickers Tante Adele Brandeis, geb. Fanta (1874–1942) und
Gustav Brandeis (1867–1911). Adele war die Schwester von Dickers Mutter Karoline Dicker, geb.
Fanta (1865–1902). Siehe: Geni 2017c.
227 Siehe: Kat. Ausst. Bauhaus-Archiv 1970, S. 11. Dickers Adresse geht aus dem Absender eines Briefes
hervor. Siehe: AGS, Brief Friedl Dicker an Franz Singer, 14.6.1937.
228 Eine Visitenkarte im AGS gibt an: „Dr. Ernst Fröhlich, Arch. Grete Bauer (geb. Schwarz), Ver-
mählte, Prag, im Juni 1933, Prag XII. Mánesova 3. Wien XVIII. Dittesgasse 35.“
229 Karola Bloch, geb. Piotrkowska stammte aus einer jüdisch-polnischen Fabrikantenfamilie. 1921 zog
die Familie nach Berlin. Bloch studierte Architektur in Wien, Berlin und Zürich. 1932 trat sie in die
KPD ein und informierte die KP in Moskau über die Vorgänge in Deutschland. 1934 heiratete sie
den Philosophen Ernst Bloch und flüchtete mit ihm über Wien, Prag und Paris in die USA. 1949
kehrten sie nach Deutschland zurück. Siehe: Geni 2017b.
230 Um wie viele Wohnungen es sich dabei handelte, ist nicht bekannt. Elena Makarova gibt in ihrem 2.
Namenindex eine Wohnungsgestaltung von Friedl Dicker für die Ärztin „Frederike Hauer“ in Prag
an. Siehe: Makarova 2017c.
231 AGS, Brief Leopoldine Schrom an Friedl Dicker, 4.3.1935.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482