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Die Zeit in Wien 33
ist vermerkt, dass sie ihr Studienzeugnis am 30. Juni 1916 erhielt.33 Demzufolge studierte
sie lediglich acht Monate an der Kunstgewerbeschule. Das Studiengeld finanzierte sie
sich durch Tätigkeiten beim Theater. Sie assistierte als Requisiteurin, entwarf Kostüme
und schrieb selbst Theaterstücke, wie beispielsweise das erhaltene Manuskript für ein
„Blaubartpuppenspiel“ aus dem Jahr 1916.34
2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919
Im September 1916 zog der junge Schweizer Maler Johannes Itten (1888–1967) von
Stuttgart nach Wien und richtete dort eine private Kunstschule ein, die Friedl Dicker ab
der zweiten Jahreshälfte 1916 besuchte.35 Obwohl Singer von März 1915 bis Ende 1918
Militärdienst zu leisten hatte, gelang es ihm seine künstlerischen Interessen weiter zu
verfolgen.36 Laut eigener Angabe besuchte er seit Ende 1917 die Kunstschule Ittens, war
mit dem Lehrer jedoch spätestens seit Mai 1917 bekannt.37 Dicker und Singer, die wenig
später künstlerisch zusammenarbeiteten und eine Liebesbeziehung eingingen, lernten
sich in Ittens Kunstschule kennen (Abb. 5–6).38
Ausschlaggebend für Singers Kontaktaufnahme zum Hölzel-Schüler Johannes Itten
war vermutlich die von ihm 1913 besuchte Hölzel-Ausstellung in der Galerie Miethke,
33 UAKKA, Einschreibeformular von Friedl Dicker vom 16.10.1915 sowie Einschreibekatalog der Tex-
tilklasse von 1915/1916. Auch Dickers Freundin Gisela Jäger besuchte die Textilklasse.
34 Makarova 1999, S. 12.
35 Makarova 1999, S. 238.
36 Siehe: Franz Singer, Ansuchen um Verleihung der Befugnis eines Architekten, Lebenslauf, 31.7.1937,
Original: ÖStA/AdR HBbBuT BMfHuV Allg Reihe PTech Singer Franz Karl 08.02.1896 GZl.
71537/1937 Singer, Franz Karl, 08.02.1896, 1919–1938 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut,
Dossier, File)). Kopie: AGS.
37 Erstmals gibt Singer in dem Schreiben an das Kriegspressearchiv von Mai 1917 als Lehrer neben
Felix Albrecht Harta bereits den Schweizer Maler Itten an. Siehe: Undatierte handschriftliche Aus-
kunft Franz Singers als Beilage eines Briefes von Hugo Schwarz an Max Ritter von Hoen, 1.5.1917.
Siehe: ÖStA/KA FA AOK KPQ Akten 39 Kunstgruppe, KPQ-Mitglieder (Ansuchen um Auf-
nahme, diverse Personalunterlagen), Namen S, 1914–1918 (Karton (Faszikel)).
In seinem Lebenslauf, der um 1935 entstand, schreibt Franz Singer: „Ende 1917 bei Johannes Itten
(Hölzel-Schüler)“. Siehe: AGS, Lebenslauf, um 1935. In seinem Lebenslauf von 1937 gibt er schließ-
lich an, erst seit 1918 bei Johannes Itten unterrichtet worden zu sein. Siehe: Franz Singer, Ansuchen
um Verleihung der Befugnis eines Architekten, Lebenslauf, 31.7.1937, Original: ÖStA/AdR HBb-
BuT BMfHuV Allg Reihe PTech Singer Franz Karl 08.02.1896 GZl. 71537/1937 Singer, Franz Karl,
08.02.1896, 1919–1938 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)). Kopie: AGS.
38 Siehe: Kat. Ausst. Heiligenkreuzerhof 1988, S. 8.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482