Seite - 89 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Bild der Seite - 89 -
Text der Seite - 89 -
3 Berufliche Anfänge
3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922
Bereits während der Ausbildung am Bauhaus arbeiteten Dicker und Singer für mehrere
Theaterproduktionen unter der Regie von Berthold Viertel (1885–1953). Dieser hatte
seine Theaterlaufbahn unter Arthur Rundt an der Wiener Volksbühne1 begonnen, wo ihn
Singer wahrscheinlich kennengelernt hatte, da er 1918 selbst für dieses Theater gearbei-
tet hatte.2 Dicker hatte als Jugendliche ebenso für Wiener Theater gearbeitet und selbst
Stücke geschrieben.3
In dem Lexikoneintrag zu Franz Singer in Thieme-Becker von 1937 heißt es, dass
sämtliche Theaterarbeiten gemeinsam mit Friedl Dicker entstanden seien.4 Dass Dicker
und Singer beide an den Entwürfen arbeiteten, wird auch an den Signaturen auf den
Bühnenentwürfen, den Anzeigen im Berliner Tageblatt und den Brieferzählungen von
Dicker an ihre Freundin Anny Wottitz deutlich.5 Dicker erwähnt an Wottitz ein Haus in
Kalkberge, in dem die Bühnenbilder vermutlich entstanden.6 Die Ortschaft Kalkberge,
heute Rüdersdorf bei Berlin, wurde aufgrund ihrer Kalksteinbrüche in der Stummfilm-
zeit von zahlreichen Filmgesellschaften als Drehort genutzt.7
Für das Jahr 1921 notiert Singer auf seiner Werkliste, dass er am Staatlichen Schau-
spielhaus Dresden gastweise als „Theaterarchitekt“ tätig war und es im Mai zur „Erstauf-
führung von zwei Stücken von August Stramm“ unter Berthold Viertels Regie kam.8
1 Das Theater war von 1917–1918 in den ehemaligen Räumlichkeiten des Varietés „Colosseum“ in
der Nußdorferstraße 4–6 im 9. Bezirk untergebracht, anschließend nannte es sich von 1918–1924
Komödienhaus. Siehe: Dalinger 2003, S. 184.
2 Völker 1988, S. 14.
3 Makarova 1999, S. 12.
4 Im zeitgenössischen Lexikonbeitrag über Franz Singer heißt es zu den Theaterarbeiten „sämtl. zus.
mit Friedl Dicker“: Siehe: Poglayen-Neuwall 1978, S. 88–89.
5 In den Zeitungsanzeigen ist Friedl Dicker als „Frieda Dicker“ namentlich aufgeführt. Siehe: Berli-
ner Tageblatt, 9.9.1923, S. 14, 3.10.1923, S. 8. Die erhaltenen Bühnenbild- und Kostümentwürfe
befinden sich in Privatbesitz. Eine Auswahl wurde im Ausstellungskatalog von Elena Makarova pu-
bliziert. Siehe: Makarova 1999, S. 69–76. Im AGS haben sich zudem Fotografien von Bühnenbild-
entwürfen erhalten, die jedoch aufgrund fehlender Beschriftungen den verschiedenen Stücken nicht
mehr zugeordnet werden können.
6 UAKKA, Brief Friedl Dicker an Anny Wottitz, undatiert, um 1923, Inv.-Nr. 13.708/3.
7 Laser 2001, S. 133.
8 Franz Singer, Ansuchen um Verleihung der Befugnis eines Architekten, „Verzeichnis der von mir
geleisteten Arbeiten“, 31.7.1937, Original: ÖStA/AdR HBbBuT BMfHuV Allg Reihe PTech Singer
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482