Seite - 117 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938
4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931
In den Ausstellungskatalogen von 1970 und 1988 ist angegeben, dass Dicker bereits 1923
wieder nach Wien zurückkehrte und mit ihrer Freundin Anny Wottitz ein Atelier in der
Hintzerstraße 8 im 3. Bezirk gründete.1 Mit den Meldeakten aus dem Wiener Stadt- und
Landesarchiv lässt sich das nicht nachweisen, da diese Dickers Aufenthalt in Wien nur für
den Zeitraum vom 1. August 1930 bis zum 24. Juni 1933 belegen.2 Die Annonce für eine
Ausstellung in der Zeitschrift Neue Erde. Kultursozialistische Wochenschrift im April 1919
mit der Angabe „Atelier Anny Wottitz – Friedl Dicker III. Hintzerstrasse 6“ weist jedoch
darauf hin, dass Dicker und Wottitz sich bereits vor ihrer Zeit am Bauhaus ein Atelier
in der Hintzerstraße eingerichtet hatten und dort gemeinsam ihre Arbeiten ausstellten.3
Nachweisbar ist auch, dass Anny Wottitz’ Mutter ihren Wohnsitz in unmittelbarer Nähe
des Ateliers in der Hintzerstraße 3 hatte und folglich auch Anny Wottitz’ Wohnsitz vor
ihrer Bauhaus-Studienzeit dort angenommen werden kann.4 Ein Atelierbetrieb in Wien
von Dicker und Wottitz ab 1923 kann jedoch nicht belegt werden. Hinweise für ein neu
geplantes Atelier liefert allerdings ein Brief von Dicker an Wottitz aus Berlin, in dem sie
1 Kat. Ausst. Bauhaus-Archiv 1970, S. 10; Kat. Ausst. Heiligenkreuzerhof 1988, S. 10, 109.
2 WStLA, Meldeunterlagen, Friederike Dicker, Auskunft, 17.6.2011: 1.8.1930–23.1.1931 9., Blei-
chergasse 18/2/20, vorher: Berlin; 23.1.1931–6.5.1931 18., Cottagegasse 26; 7.5.1931–3.4.1933 9.,
Bleichergasse 18/2/19; 3.4.1933–24.6.1933 9., Latschkagasse 9/18, Abmeldevermerk: Franzensbad,
C.S.R.
3 Auch Makarova schreibt, dass Dicker und Wottitz ein Atelier in Wien zu der Zeit gründeten, als
sie die private Kunstschule von Itten besuchten. Siehe: Makarova 1999, S. 14. Zwei Annoncen von
1919 weisen ein gemeinsames Atelier der beiden in Wien nach: Annonce für „Ausstellung „mod.
Holz- u. Batikarbeiten, Stickereien, Zeichnungen etc.“ im „Atelier Anny Wottitz – Friedl Dicker,
III. Hintzerstrasse 6, ab 10. April“. Siehe: Neue Erde. Kultursozialistische Wochenschrift 1919a,
S. 84; Annonce für eine Ausstellung Friedl Dicker – Anny Wottitz, in: Neue Erde. Kultursozialis-
tische Wochenschrift 1919b, 16.8.1919. Siehe auch: Wallas 1995, S. 346, 353. Herausgeber dieser
Zeitschrift war Max Ermers (1881–1950), der von 1919–1923 Leiter des Siedlungsamtes der Stadt
Wien war. Ziel der Zeitschrift war es, „den raschesten und vollständigsten Ausbau der sozialistischen
Gesellschaft“ zu erwirken. Als Leserpublikum sollten vor allem Intellektuelle und KünstlerInnen
angesprochen werden, um sie für den sogenannten „Kultursozialismus“ zu gewinnen.
4 Im Wiener Adressbuch ist unter der Adresse Hintzerstrasse 3 eine Irene Wottitz (1869–1943) ange-
führt, bei der es sich um die Mutter von Anny Wottitz handelt. 1924 heiratete Anny Wottitz Hans
Moller und bezog mit ihm 1925/26 eine Wohnung in der Wasagasse 36.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482