Seite - 251 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 251
sowie im Gästehaus Auersperg-Hériot verwendet und war durch dasselbe Patent wie das
für die Stapelstühle ab 1935 in Großbritannien geschützt.185
Wenig später entstand ein weiterer Beistelltisch mit der bereits für Sitzmöbel einge-
setzten schlaufenförmigen Überkreuzung im Fußbereich (Abb. 212). Im Nachlass des
Ateliers hat sich ein Prototyp dieses Tisches mit rot lackiertem Stahlrohr erhalten. Ver-
wendet wurde dieser Tisch 1931 im Wartezimmer der Arztpraxis von Hans Heidler, zu
dessen Einrichtung auch ein weiterer Stahlrohr-Tisch mit Glastischplatte gehörte, dessen
Prototyp sich ebenfalls erhalten hat: Die Konstruktion besteht aus vier sich an ihren
Scheiteln berührenden Halbkreisen, die durch vier Stahlrohrbeine vertikal miteinander
verbunden sind (Abb. 213). Bei diesem als Ti1 bezeichneten Entwurf wird der Bezug
zur Geometrie deutlich: Die zwei aneinandergelegten Halbkreise bilden ebenso die Eck-
punkte eines unsichtbaren Quadrats.
Auch für Liegemöbel wurde seit der Ausstellung „Wiener Raumkünstler“ 1929/1930
Stahlrohr eingesetzt. Das herausdrehbare Bett des dort gezeigten „Schrankraums“ war
aus lackiertem Stahlrohr gefertigt (Abb. 166).186 Ein häufig eingesetztes Bett war das
ursprünglich für die Wohnung Reymers-Münz entwickelte Modell mit bogenförmigen
Stahlrohren an Kopf- und Fußende. Bei den Betten für das Gästehaus Auersperg-Hériot
wurde die für Sitzmöbel beliebte Kombination von Stahlrohr und Rohrgeflecht aufge-
griffen, hier war das Fußende mit Rohrgeflecht bespannt (Abb. 214).
5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel
Für die Ausstellung „Wiener Raumkünstler“ 1929/1930 im damaligen Museum für
Kunst und Industrie ist als ausführende Firma der Stahlrohrmöbel die Josef & Leopold
Quittner A.G., die auch Bruno Pollaks Stapelstuhl herstellte, belegt.187 Dass über die
185 Franz Singer, Provisional specification: Improvements relating to Tables, Stands, and like Articles of
Furniture, Patentamt Großbritannien, 462419, angemeldet: 06.06.1935, genehmigt: 08.03.1937;
Franz Singer, Provisional specification: Improvements relating to Chairs, Tables, Stands and like
Furniture, Patentamt Großbritannien, 462381, angemeldet: 06.06.1935, genehmigt: 08.03.1937;
Franz Singer, Gestell für frei tragende, stapelbare Tische, Stühle oder ähnliche Möbel, Patentamt
Deutsches Reich, 688149, patentiert: 07.03.1937, bekanntgemacht: 25.01.1940, ausgegeben:
14.02.1940; Franz Singer, Rahmengestell für freitragende, stapelbare Möbelstücke, insbesondere
Stühle, Patentamt Schweiz, 197539, eingereicht: 04.03.1937, eingetragen: 15.05.1938, veröffent-
licht: 01.08.1938; Franz Singer, Meubles emboîtable à profil encorbellé, Patentamt Frankreich,
813019, angemeldet: 04.06.1936, ausgegeben: 15.02.1937, veröffentlicht: 25.05.1937; Franz Sin-
ger, bútorkeret, Patentamt Ungarn, 119004, angemeldet: 06.03.1937, ausgegeben: 19.07.1938, ver-
öffentlicht: 15.09.1938.
186 Franz Singer, Improvements relating to Combination Cabinet and like Furniture, Patentamt Groß-
britannien, 443024, eingereicht: 15.08.1934, eingetragen: 13.08.1935, veröffentlicht: 17.2.1936.
187 Kat. Ausst. ÖMKI 1929, S. 8.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482