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„Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien
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belentwürfe Bezug nahm, wurden noch weitere Prototypen für Stühle, Sessel und Tische
aus Sperrholz entwickelt. Die entwickelten Beistelltische orientierten sich formal an dem
Beistelltisch Ti10 und dem Beistelltisch mit Überkreuzung aus Stahlrohr (Abb. 228). Bei
der Entwurfsarbeit wurden auch ältere Möbelentwürfe für eine Fertigung in Sperrholz
aufgegriffen, wie beispielsweise ein für die Wohnung Koritschoner 1927 entworfener
Damensekretär (Abb. 135–136).
Nach wie vor blieben für die Sperrholzmöbel die Charakteristika prägend, die auch
schon für die früher entstandenen Möbel entscheidend waren. So wurde auch hier die
Konstruktion betont, wie an dem klar ersichtlichen „Holzgerippe“-Aufbau des X-Stuhls
deutlich wird. Markenzeichen der Stuhl-Entwürfe, eine Überkreuzung im Fußbereich
und die Stapelbarkeit blieben auch für die Sperrholzmöbel kennzeichnend.
5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel
Singer nahm für eine Produktion der Sperrholzmöbel Kontakt zu Firmen in London auf.
Am 23. April 1935 berichtet er seiner Mitarbeiterin Schrom in Wien: „Bezüglich eines
Vertrages über Möbelherstellung nach unseren Entwürfen, insbesondere auf Grund des
hier angemeldeten Patentes, stehe ich mit jener Firma in Verhandlung, die die Aalto-
Möbel führt.“232 Der Möbeltischler Paul Ostersetzer233 fertigte um 1936 eine Probepro-
duktion von 220 Stück des X-Stuhls 44/2 aus Sperrholz und dürfte auch die Prototypen
der anderen Sperrholz-Möbel ausgeführt haben (Abb. 229).234
vements relating to the Framework of Chairs, Tables, Stools and Seats, Patentamt Großbritannien,
476962, angemeldet: 19.06.1936, genehmigt: 20.12.1937; Franz Singer, Holzgerippe, insbeson-
dere für Möbel und Verfahren zu seiner Herstellung, Patentamt Schweiz, 195918, eingereicht:
27.03.1937, eingetragen: 28.02.1938, veröffentlicht: 02.05.1938; Franz Singer, Faváz vagy keret,
különösen, butorokhoz, valamint eljárás elöállítására, Patentamt Ungarn, 119421, angemeldet:
27.03.1937, Beginn: 15.11.1938; Franz Singer, Leseno ogrodje ali okvir, zlasti za pohistvo in pod.,
in pos’opek za njegovo izdelovanje, Patentamt Jugoslawien, 14210, angemeldet: 29.03.1937, Be-
ginn: 01.02.1938.
232 AGS, Brief Franz Singer an Leopoldine Schrom, 23.4.1935. Mit der erwähnten Firma wird Finmar
gemeint sein, ein Unternehmen, das Aaltos Möbel in Großbritannien vertrieb.
233 Paul Benjamin Ostersetzer, später mit Nachnamen genannt „Oster“, stammte gebürtig aus Wien
und fertigte dort als Tischler zeitweise Spielzeug für ein Montessori-Kinderheim an, das von Dr. An-
nemarie Jolles geleitet wurde, die zum Kreis um Eugenie Schwarzwald gehörte. Siehe: Scheu 1985,
S. 83. Ostersetzers Adresse in London war: London 17 Rylett Road W.12.
234 AGS, Brief Paul Ostersetzer an Franz Singer, 6.7.1937. Dass Ostersetzer eine Probeproduktion aus-
führte, geht aus einer Fotobeschriftung von Franz Singer hervor: BHA, Fotosammlung, Franz Sin-
ger, Inv.-Nr. 9389/60.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482