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Raumgestaltungen und Architektur 379
Obschon Singer daran sehr interessiert war, kam letztendlich auch dieses Projekt nicht
zustande.485
Den Korrespondenzen zufolge wurden die Planungen von Singers Atelier für die Aus-
stattungsprojekte der Landarbeiter-Häuser bereits Ende 1935 eingestellt.486 Singer führt
die „Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina für die Palestine Economic Corpo-
ration“ auf seiner Werkliste allerdings erst für das Jahr 1936 an. Da er anschließend keine
weiteren Planungen in diesem Zusammenhang erwähnt, dürfte dieses Projekt damit ab-
geschlossen gewesen sein.487
5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot
Bei dem Gästehaus für das Ehepaar Hildegard von Auersperg-Hériot und Auguste-
Olympe Hériot handelt es sich um den einzigen Wohnbau, der nach Entwürfen von
Franz Singers Atelier ausgeführt wurde. Das Gästehaus kann somit als Höhepunkt in
Singers Oeuvre bezeichnet werden, da hier – unter Mithilfe der AteliermitarbeiterInnen
Hans Biel, Leopoldine Schrom und Anna Szabó – ein Wohnbau samt Inneneinrichtung
als Gesamtwerk entworfen wurde. Friedl Dicker war an diesem Projekt vermutlich nicht
mehr beteiligt, obgleich sich im Nachlass zwei von ihr unterzeichnete Zahlungsbestäti-
gungen erhalten haben, die im weiteren Zusammenhang mit dem Auftrag Auersperg-
Hériot stehen dürften.488 In Singers baulichem Werk besiegelt das Gästehaus gleichzeitig
485 AGS, Brief Franz Singer an E. Kalmanovsky, 26.11.1936.
486 In den ausgewerteten Korrespondenzen zwischen Franz Singer und Leopoldine Schrom erwähnt
Schrom das Projekt mit dem Hinweis „Ebenso Berechnungen Palästina beiliegend“ in einem
Brief im Oktober 1935 zum letzten Mal. Siehe: AGS, Brief Leopoldine Schrom an Franz Singer,
16.10.1935.
487 Franz Singer, Ansuchen um Verleihung der Befugnis eines Architekten, „Verzeichnis der von mir
geleisteten Arbeiten“, 31.7.1937, Original: ÖStA/AdR HBbBuT BMfHuV Allg Reihe PTech Singer
Franz Karl 08.02.1896 GZl. 71537/1937 Singer, Franz Karl, 08.02.1896, 1919–1938 (Akt (Samme-
lakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)). Kopie: AGS.
488 Siehe: AGS, Zahlungsbestätigungen über 200 Schilling am 28.4.1933 und über 400 Schilling am
16.5.1933, beide von Dicker unterzeichnet. Wofür sie diese Zahlungen erhielt, geht aus den Be-
stätigungen nicht hervor. Walter Stoerk, der Mann von Singers Schwester, schrieb zudem in einem
Brief: „Liebster Franzl! Mit treu-oberösterreichischem Gruss melde ich Dir, was Du ja ohnedies
vielleicht weißt, dass Dein Geld zur Neige geht; die letzten grösseren Zahlungen 3000,–, 2500,– und
diverse kleinere Posten einbezogen, hast Du noch S. 8.500,– ca. womit man sicher nicht viel bauen
kann.- Friedl erzählte mir, dass Du aber schon recht weit bist, und daher vielleicht nicht mehr viel
brauchst; hingegen war die Gräfin gegen Friedl entzückend was mich wirklich sehr gefreut hat, und
wird deren Intervention sicher etwas nützen.- [...] Walter“ Siehe: AGS, Brief Walter Stoerk an Franz
Singer, 16.5.1933.
© 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH
https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
Bauhaus in Wien?
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Titel
- Bauhaus in Wien?
- Untertitel
- Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
- Autor
- Katharina Hövelmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21316-1
- Abmessungen
- 17.4 x 25.6 cm
- Seiten
- 492
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 9
- 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
- 1.2 Forschungsstand 10
- 1.3 Quellenlage 15
- 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
- 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
- 2.1 Die Zeit in Wien 27
- 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
- 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
- 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
- 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
- 2.2.2 Unterricht 56
- 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
- 3 Berufliche Anfänge 89
- 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
- 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
- 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
- 3.2.2 Die Auflösung 114
- 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
- 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
- 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
- 4.3 AuftraggeberInnen 140
- 4.4 Strategien der Bewerbung 147
- 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
- 4.4.2 Fotografie 154
- 4.4.3 Publikationen 157
- 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
- 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
- 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
- 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
- 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
- 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
- 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
- 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
- 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
- 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
- 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
- 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
- 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
- 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
- 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
- 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
- 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
- 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
- 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
- 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
- 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
- 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
- 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
- 5.4.5 Kachelöfen 302
- 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
- 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
- |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
- 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
- 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
- 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
- 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
- 5.5.3.1 Einwohnräume 339
- 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
- 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
- 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
- 6 Resümee und Ausblick 417
- 7 Anhang 425
- 7.1 Quellentexte 425
- 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
- 7.3 Archive und Sammlungen 431
- 7.4 Literatur 436
- 7.5 Webseiten 473
- 7.6 Bildnachweis 477
- 7.7 Abkürzungen 480
- 7.8 Abstract 481
- 7.9 Register 482