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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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74 Die aus Grube G32 vorliegenden Beinartefakte dür- fen wahrscheinlich mit den in den Räumen P und Q untergebrachten knochenverarbeitenden Werk- stätten des benachbarten Hauses IV verknüpft wer- den. Die unmittelbare Nähe der entsprechenden Räumlichkeiten spricht wohl dafür. Bemerkenswert ist das Knochenfragment Kat. 623, das deutliche Bissspuren aufweist221. Da das Knochenstück keine Brandspuren zeigt, könnte es sich vielleicht um eine jüngere Intrusion handeln. Weiters liegen aus Grube G32 136 g an Tierresten vor. Diese Tier- reste ohne konkrete Bearbeitungsspuren umfassen sowohl spezifische Rinderknochen, die vielleicht eher auf die Beinverarbeitung bezogen werden dürfen, als auch Überreste von Kleinwiederkäuern und Schwein, bei denen es sich vielleicht eher um Abfälle der Nahrungsmittelaufbereitung oder -kon- sumation handelt (vgl. Kap. 11.2.1). Die übrigen Funde von Tafelgeschirr und Lampen aus Keramik dürfen eventuell mit den ehemali- gen Inventaren der angrenzenden Häuser IV oder V in Zusammenhang gebracht werden. Der Teller Kat. 329 (Groh 1996, TSTP 44) der Form Consp. 43 könnte als sog. Altstück die vereinzelte Verwen- dung von mehreren Jahrzehnten alter Keramik noch in den Jahren vor 170 n. Chr. andeuten. Funktional lässt sich das vorliegende Spektrum folgenden unterschiedlichen Aktivitäten zuwei- sen: Aufbereitung tierischer Nahrung (Rippen- fragment Kat. 618), Beleuchtung (Keramiklampen Kat. 322  –  324 bzw. Groh 1996, LAM 8  –  10), Pro- duktion von Beinartefakten (Beinartefakte Kat. 508. 554  –  561. 568  –  571. 575. 583. 585  –  586. 594  –  597), Speisen (Tafelgeschirr Kat. 329. 384  –  398 bzw. Groh 1996, TSTP 44. TS 106  –  116. 169  –  170. 186  –  187) sowie vielleicht Tierhaltung (Hund [?], Knochenfrag- ment mit Verbissspuren Kat. 623). Dieses Spektrum ist nicht mit einer Brunnenverfül- lung aus Salla-Zalalövő zu vergleichen, für die u. a. aufgrund menschlicher Skelettreste ein Zusammen- hang mit Aufräumarbeiten nach Zerstörungen, die wiederum mit den Markomannenkriegen verknüpft wurden, konstruiert wurde (vgl. Kap. 15)222. Von den Räumen des Hauses V (Abb. 3) wurden die Räume X und Y (Inventar: Abb. 23) nach den installierten Feuerstellen und Schlackefunden als metallverarbeitende Werkstätten angesprochen223. Die Schlackefunde (Kat. 661  –  663) sind mit 2,25 kg jedoch gering, was die angegebene Interpretation relativiert. Das einzelne Webstuhlgewicht Kat. 427 ist kein zwingender Beleg für Textilverarbeitung in Raum Y. Nach Ausweis der als Küchenabfall anzusprechenden Tierreste (Kat. 620  –  621, vgl. 221 Schmid 1972, 49. 222 Redő u. a. 2003, 303  –  305. 309. 317 f. Abb. 8  –  9. 223 Groh 1996, 80 Abb. 53. Kap. 11.2.1) wäre für Raum Y in Kombination mit der Feuerstelle F36 auch eine Funktion als Küche oder zumindest eine Nutzung zur Nahrungszube- reitung in Betracht zu ziehen. Die Dreifuß- oder Knickwandschüssel Kat. 29 liefert als Beleg für Kochgeschirr ein zusätzliches Indiz dafür. In die- sen Zusammenhang wären auch die Töpfe Kat. 78 und 110 zu stellen, die ich nach ihrer Größe eher mit der Vorratshaltung als mit der Nahrungsmittel- zubereitung in Zusammenhang bringen möchte. Schließlich sind die Teller Kat. 339 und 340 sowie wahrscheinlich auch die Schale Kat. 346 dem Tafel- geschirr zuzurechnen, weshalb wir vielleicht davon ausgehen dürfen, dass in Raum Y auch Nahrung konsumiert oder zumindest das Tafelgeschirr dafür hier aufbewahrt wurde. Zwei Artefakte aus der Produktion von Beingegen- ständen sind lediglich eine geringe Materialbasis, um für Raum X/1 (Inventar: Abb. 24) eine entspre- chende Werkstatt zu postulieren (Kat. 563. 603, vgl. Kap. 11.2.1). Die übrigen Tierreste ohne kon- krete Bearbeitungsspuren sind sowohl hinsichtlich Tierart als auch hinsichtlich Knochen nicht näher bestimmbar. Eine Diskussion, ob es sich eher um Rohmaterial zur Produktion von Beinartefakten oder um Abfälle der Nahrungsmittelaufbereitung oder -konsumation handelt, hat deshalb zu unterblei- ben. Die Firmalampe Kat. 325 diente der Beleuch- tung in Raum X/1. Von den aus Raum X/1 vorlie- genden Keramiken ist lediglich die Dreifuß- oder Knickwandschüssel Kat. 30 plausibel als Kochgefäß anzusprechen. Vielleicht dürfen auch die kleineren Töpfe Kat. 119, 130 und 147 in diesen Nutzungs- kontext gestellt werden. Vorratsgefäße dürften mit einiger Sicherheit mit den Töpfen Kat. 70 und 80 und der Amphore Kat. 628 sowie vielleicht auch mit den Töpfen Kat. 112, 114 und 123 vorliegen. Auch die großen Schüsseln Kat. 36, 42 und 252 und das Henkelfragment eines großen Einhenkel- kruges (Kat. 48) könnten mit der Vorratshaltung in Verbindung zu bringen sein. Tafelgeschirr ist ledig- lich durch das Wandfragment einer Terra Sigillata- Schüssel (Kat. 402) nachgewiesen Auch für den an der nordöstlichen Hausecke situ- ierten Raum Z/2 wurde eine metallverarbeitende Werkstätte in Betracht gezogen224. Das vorhandene Tafelgeschirr (Kat. 400  –  401) sowie der eiserne Dreifuß Kat. 656 könnten jedoch auch anderen Akti- vitäten, beispielsweise im Rahmen der Aufbereitung oder Konsumation von Nahrungsmitteln, gedient haben. Das Vorratsgefäß Kat. 624 könnte sowohl in diesem Kontext als auch von einer Werkstatt genutzt worden sein225. Nach den Überlegungen zu einem möglichen Zusammenhang mit der Aufberei- tung von Nahrungsmitteln wäre es naheliegend, die 224 Groh 1996, 80. 225 Groh 1996, 80.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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