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zwischen angefügten, vorgefertigten Gefäßele-
menten mit einem ›Glättwerkzeug‹ oder auch um
Ab drücke eingesetzter Stützen aus organischen
Materialien, die ein Einsinken oder Brechen des
(noch nicht) lederharten Tons während des Trock-
nens verhinderten, handeln. Für letztere Möglichkeit
spricht vielleicht, dass diese Spuren durchwegs auf
relativ großen Gefäßen nachgewiesen sind.
Die Gefäße wurden gewöhnlich in vorwiegend oxi-
dierender oder reduzierender Brennatmosphäre
gebrannt. In diesem Zusammenhang ist freilich dar-
auf hinzuweisen, dass viele Keramikfragmente aus
dem vorliegenden Befund sekundäre Brandspuren,
die von der Brandkatastrophe, aber auch von einer
Verwendung als Kochgefäße stammen können,
aufweisen (vgl. Kap. 7). Soweit möglich, wurde
besonders bei lediglich leichten und/oder partiellen
sekundären Brandverfärbungen eine Zuweisung an
eine Brennatmosphäre vorgenommen. Stark sekun-
där verbrannte Keramiken mussten jedoch ohne
nähere Zuordnung bezüglich der Brennatmosphäre
bleiben. Die Bandbreite der definierten ›Standard-
fabrikate‹: Vorwiegend oxidierend gebrannte grobe
Gefäßkeramik (Fabrikat I) und vorwiegend reduzie-
rend gebrannte grobe Gefäßkeramik (Fabrikat II) ist
auf den Fototafeln 4 – 5 sowie Diagramm Abb. 26
dokumentiert. Produkte der Fabrikate I und II domi-
nieren im vorliegenden Fundmaterial. Der Großteil
(etwa 75 %) der ausgewerteten groben Gefäßke-
ramik ist dem reduzierend gebrannten Fabrikat FII zuzurechnen. Ob es sich bei der Brennatmosphäre
stets um ein intentionell gewähltes Kriterium han-
deln muss, oder ob die jeweilige Brennatmosphäre
auch von anderen Faktoren beeinflusst war (Brenn-
material zur Befeuerung des Töpferofens, Witte-
rungsverhältnisse, Zeitmangel etc.), ist nicht zu ent-
scheiden.
Lediglich vereinzelt sind ›Sonderfabrikate‹ nachge-
wiesen. Darunter ein poröses Sonderfabrikat, das
durch vorwiegend reduzierende Brennatmosphäre
und ausgewitterte Calcit- oder Kalkspatpartikel
gekennzeichnet ist (Fabrikat II.1). Die Magerung
mit Calcit erlaubt niedrigere Brenntemperaturen, ist
aber für höhere Brenntemperaturen ungeeignet und
bedingt deshalb ein gewisses technisches Wissen
in Zusammenhang mit der Kontrolle der Brenntem-
peratur. Vergleichbare Keramikscherben mit Cal-
citmagerung liegen aus dem Vicus von Gleisdorf
vor249. Die Gefäße aus dem Vicus von Gleisdorf,
von denen diese Scherben stammen, zeigen z. T.
auch starke formale Ähnlichkeiten mit den vorlie-
genden Gefäßen des entsprechenden Fabrikats
aus Flavia Solva-Wagna (Kat. 131. 134. 136).
Ein weiteres ›Sonderfabrikat‹ (Fabrikat II.2) ist durch
eine vorwiegend reduzierende Brennatmosphäre
und größere Magerungspartikel (–0,5 cm) sowie
deren hohe Dichte gekennzeichnet. Dieses Fabri-
kat muss bei niedrigeren Temperaturen gebrannt
249 Klammer u. a. 2000, 77. 82 Fototaf. 9, 12. 13 (Taf. 41, 293).
66 (Taf. 112, 361). 95 (Taf. 40, 284).
26 Grobe Gefäßkeramik vorwiegend autochthoner Provenienz. Herstellungstechnik: Fabrikate
nachgedreht (92)
freihandgeformt (1)
10,1%
75,3%
1,5%
0,5% 10,6% 2%
FI (20) FII (149)
FII.1 (3) FII.2 (1)
FI/II (21) n.n.b. (4)
Töpfe (77)
Töpfe Schörg. 429 (14)
Schüsseln (27)
Deckel (29)
Krug (5)
Becher (3)
Kanne (1)
49,4%
9%
17,3%
18,6% 3,2% 1,9% 0,6%
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321