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vor. Auf die Distribution der Form Schörg. 429 im
Stadtterritorium von Flavia Solva-Wagna wurde vom
Verfasser bereits mehrmals eingegangen315. Typ-
vertreter aus datierten Befunden legen einen Datie-
rungsrahmen vom zumindest ausgehenden 1. bis in
das beginnende 3. Jahr hundert n. Chr. nahe.
Vorliegende Typvertreter Schörg. 429 aus Peri-
ode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna
sind überwiegend Fabrikat II, vereinzelt Fabrikat I
oder I/II zuzurechnen.
H. Sedlmayer ging zuletzt auf eine Beeinflussung
der ›Formensprache‹ lokaler Töpfereien in Favianis-
Mautern durch Anlehnung an die Form Schörg. 429
ein316.
Weitere Vorratstopfformen ohne Typenbildung
(Kat. 74 – 82)
Mehrere Mündungsfragmente wurden aufgrund for-
maler Kriterien, z. T. in Kombination mit dem Nach-
weis von Pichung, als Vorratstöpfe angesprochen,
bleiben aber aufgrund des fragmentarischen Erhal-
tungszustandes und geringen Nachweises ohne
Typenbildung.
Der Vorratstopf Kat. 74 weist ein horizontal nach
außen geneigtes, unterschnittenes Mündungspro-
fil auf. Der Schulterbereich des Gefäßkörpers ist
unter dem Rand durch horizontale Rillen mehrfach
profiliert. Der Vorratstopf Kat. 75 besitzt ein einfa-
ches, verdicktes, annähernd horizontal nach außen
gebogenes Mündungsprofil. Der Vorratstopf Kat. 76
weist ein geschwungenes Mündungsprofil auf. Die
erhaltenen Mündungsprofile der Töpfe Kat. 77 und
Kat. 78 weisen enge formale Ähnlichkeiten auf. Die
Mündung ist horizontal nach außen orientiert und
leicht unterschnitten. Der Vorratstopf Kat. 79 besitzt
ein einfaches, leicht aufwärts orientiertes Mün-
dungsprofil. Der Vorratstopf Kat. 80 ist durch ein
nach außen orientiertes Mündungsprofil mit deutlich
konkavem Einzug an der Innenseite gekennzeich-
net. Der Vorratstopf Kat. 81 besitzt einen einfachen
verdickten Rand. Bei dem Wandfragment Kat. 82
dürfte es sich eher um den Schulterbereich eines
Vorratsgefäßes als um einen Deckel handeln.
315 Hinker 2003, 15 (mit Nachweisen aus Aichegg, Flavia Solva-
Wagna, Giging, Gleisdorf, Graz, Kalsdorf, Maria Lankowitz
und Markterviertel). Hinker 2008a, 314 Anm. 47 (mit Nach-
weisen aus Retznei, St. Pölten und Werndorf). Fürnholzer –
Hinker (in Druck) (Vorratstopf mit Schulterleiste, Grünau
Kat. 11).
316 Sedlmayer 2006b, 505 – 507 Abb. 224; 740. Ob als »signi-
fikant«, aber trotzdem »vereinzelt« bezeichnete Funde »im
nordostnorischen Spektrum […] konkret einen Zuzug süd-
ostalpiner Bevölkerungssplitter signalisieren«, muss offen-
bleiben. Die Evidenz spezifischer Keramiken einer anderen
Region oder eine Aufnahme deren formaler Charakteristika
in einer lokalen Produktion kann, aber muss nicht stringent
mit der Anwesenheit der entsprechenden Bevölkerungsele-
mente aus dem Hauptverbreitungsgebiet dieser Keramiken
zu verknüpfen sein. Topf Typ 1 (Kat. 83 – 114), Variante 1.1
(Kat. 115 – 119)
Zu den häufigsten Töpfen im vorliegenden Fundma-
terial zählen Töpfe, die durch ein mehr oder weniger
kantig oder abgerundet ausgeführtes, horizontal bis
aufwärts orientiertes, ausgebogenes, mitunter ver-
dicktes Mündungsprofil gekennzeichnet sind. Wei-
tere charakteristische Merkmale sind der Dekor mit
Besen- oder Kammstrichschwungbögen sowie die
Gliederung der Halszone durch horizontale Grate
oder Rillen. Einzelne Merkmale entsprechen jenen
der Schüsseln vom Typ 3, weshalb vielleicht von
Gefäßgarnituren, die aus einem großen Topf und
einer großen Schüssel bestehen, auszugehen ist.
Formale Ähnlichkeiten bestehen zu den Typen
»Topf mit ausgebogenem (kantig verdicktem) Rand
2.3.2 bzw. 1.2.2« aus den Vici von Favianis-Mau-
tern317 und Saaz318 sowie zu den Typen T 1.2/T 4.1/
VT 5/VT 9 aus dem Vicus von Kalsdorf 319.
Die vollständigste Chorologie der Form wurde
zuletzt von H. Sedlmayer anlässlich der Bearbei-
tung der Gefäßkeramik aus Saaz zusammenge-
stellt. Weitere Typvertreter sind in Grünau320, Flavia
Solva-Wagna321, Poetovio-Ptuj322 und Ranners-
dorf 323 nachgewiesen. Die chronologisch bestimm-
baren Nachweise legen eine Ausdehnung der
317 Sedlmayer 2006a, 351 f. Beil. 33 (Periode 3 – 5, 130/140 –
360/370 n. Chr., mit weiteren Nachweisen aus Cannabiaca-
Zeiselmauer, Erlaa, Kalsdorf, Lauriacum- Enns, Lentia-Linz,
Mauern, Ovilavis-Wels, Winklarn und Unteroberndorf).
318 Sedlmayer 2006, 159 f. Abb. 102 (bes. Periode 4,
170/180 – 230 n. Chr., mit weiteren Nachweisen aus Brinjeva
gora, Bohova, Brunn bei Fehring, Colatio-Stari trg [Grab 1/V,
–50/60 n. Chr.], Emona-Ljubljana [Gräber, t.p.q. 217 n. Chr.],
Frauental, Gleisdorf, Flavia Solva-Wagna [Insula XLI, Grube
G36, 150/160 n. Chr.], Kapfenstein, Muttendorf, Pichling, Rie-
gersburg, St. Martin an der Raab, Slovenska Bistrica, Spo-
dnja Nova vas, Stallhofen, Velenik [Grab, 100/120 n. Chr.],
Werndorf).
319 Pammer-Hudeczek 2009, 360 – 362 Typentaf. 1 – 2; 366 f. Ty-
pentaf. 4; 381. 410 Taf. 3, 4 – 5 (Grube 2, 1. Hälfte 2. Jh. n.
Chr.); 382 f. 413 f. Taf. 6 – 7, 2 – 5 (Grube 3, 1. Hälfte 2. Jh. n.
Chr.); 384. 419 Taf. 12, 2 – 3. 7 (Grube 4, 1. Hälfte 2. Jh. n.
Chr.); 388. 431 Taf. 24, 8 (Grube 5, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.);
391. 440 Taf. 33, 29 (Grube 6, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.); 393.
447 Taf. 40, 4 (Grube 7, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.); 397. 457
Taf. 50, 4 – 5 (Grube 11, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr.).
320 Fürnholzer – Hinker (in Druck) (Topf mit schräg nach außen
gestelltem, rundlichen Rand, Grünau Kat. 4; Topf mit schräg
nach außen gestelltem, gekantetem Rand, Grünau Kat. 24
und 30, 2. Jh. n. Chr.).
321 Bauer – Groh 1994, 609 f. Nr. 14 – 17 (Insula XLI/XXXIII,
unstratifiziert). Pammer-Hudeczek – Hudeczek 2002, 457 f.
Abb. 10, 1 (Grab 96A, um 100 n. Chr.); 464 Abb. 16, 1 (Grab
99A, t.p.q.: Domitian). Zu diesem Topf als Bestandteil einer
typologischen Reihe s.: Groh – Sedlmayer 2004, 463 Abb. 8.
322 Istenič 2000, 118. 333 Taf. 73, 5 (Grab 356, 1.–2. Jh. n. Chr.).
Anm.: Fehlt auf Typentafel Istenič 1999.
323 Schrettle – Tsironi 2007, 266. 290 Taf. 1, 3 (SE 55); 266. 291
Taf. 2, 4 (SE 33). 11 (SE 50); 267. 293 Taf. 4, 4 (SE 72); 268.
298 Taf. 9, 7; 269 f. 301 Taf. 12 (SE 97, 1. Hälfte 2. Jh. n.
Chr.); 274. 319 Taf. 30, 1 (SE 102, 100 – 170 n. Chr.); 276. 323
Taf. 34, 3 (SE 103).
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321