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Ettlinger 49707 und Riha 3.18708 zugeordnet werden
kann (vgl. Kap. 11.1.2.6). Nach E. Riha sind Schei-
benfibeln mit trompetenartigem Durchbruchsmuster
vor allem während der zweiten Hälfte des 2. Jahr-
hunderts n. Chr. im Rhein- und Donaugebiet ver-
breitet709.
11.1.3.2.2 Varia
Der Blechstreifen Kat. 440 entzieht sich weitgehend
einer näheren Deutung. Der Streifen ist viermal,
vermutlich über einem quaderförmigen, vergan-
genen organischen Element, geknickt oder umge-
bogen. Das zu einer schmalen Schlaufe umgebör-
delte intakte Ende kann kaum für eine Aufhängung
gedient haben. Ein vergleichbarer gebogener
Blechstreifen, für den keine weitere Deutung vorge-
schlagen wird, ist in einem Grabkontext in Emona-
Ljubljana nachgewiesen710. Vielleicht handelt es
sich um den Verschluss eines Behälters aus Texti-
lien (Beutel, Sack etc., vgl. Kap. 10).
Auch das plane Blechstück Kat. 441 ist funktional
nicht näher zu deuten.
11.1.3.3 Eisen
Aus dem Fundmaterial der Periode II/II+ der
Insula XLI von Flavia Solva-Wagna liegen 66 Arte-
fakte aus Eisen vor (Kat. 442 – 499. 652 – 657).
Bei dem Messer Kat. 442 handelt es sich um ein
Griffangelmesser mit geradem Klingenrücken.
Das Artefakt Kat. 443 darf wohl als Griffangelmes-
ser angesprochen werden. Auffallend ist das ver-
breiterte Ende der Griffangel sowie die vermutlich
als Heft zu deutende Profilierung zwischen Griff und
Klinge.
Bei dem Fragment Kat. 444 dürfte es sich um das
Bruchstück einer Messerklinge handeln.
Sämtliche aus Insula XLI von Flavia Solva-Wagna
vorliegende Messer (Kat. 442 –
444. 652 –
655) wer-
den als Küchenmesser gedeutet. Ein Zusammen-
hang mit anderen (handwerklichen) Tätigkeiten ist
zwar grundsätzlich nicht auszuschließen, erscheint
jedoch nach der an herkömmlichen Küchenmessern
707 Ettlinger 1973, 129 Nr. 5 Taf. 15, 4 (mäßig ähnlich, 2. Jh. n.
Chr.).
708 Riha 1979, 88 (mäßig ähnlich).
709 Riha 1979, 88; Riha 1994, 77.
710 Petru 1972, 156 Taf. 33, 3 (Grab 490). orientierten Form wenig plausibel. Messer, die einer
spezialisierten handwerklichen Tätigkeit (Schnitzen
etc.) dienen, weisen eine geeignete spezifische
Form auf. Ein Gebrauch der vorliegenden Messer
als Angriffswaffe wäre grundsätzlich möglich, dürfte
jedoch nicht dem vorgesehenen Verwendungs-
zweck dieser Artefakte entsprechen711.
Die Eisenfragmente Kat. 445 – 446 dürften von Löf-
felbohrern stammen (vgl. Kap. 13). Diese dürfen
wir wohl primär mit Holzbearbeitung in Verbindung
bringen (vgl. Kap. 10). Die abgerundet gearbeitete
Werkzeugspitze spricht dagegen, dass es sich um
Hohlbeitel handelt.
Bei dem Artefakt Kat. 447 dürfte es sich um ein
Werkzeug, vielleicht einen Flachmeißel handeln.
Die Artefakte Kat. 448 – 450 sind wohl als Befesti-
gungsringe oder Kettenbestandteile zu deuten.
Das Eisenfragment Kat. 451 weist einen rechtecki-
gen Querschnitt und eine Perforierung im Zentrum
der Stelle mit der maximalen Breite auf. Vielleicht
handelt es sich um einen Tür-, Truhen- oder sons-
tigen Möbelbeschlag. Gegen diese Deutung spricht,
dass zur Befestigung des bis zu einer Länge von
nahezu 22 cm erhaltenen Fragments lediglich ein
Nagelloch vorgesehen ist. Die Abmessungen (B.
ca. 2 – 2,5 cm) der Eisenfragmente Kat. 451 und
Kat. 452 sowie die Perforierung des erhaltenen
Endes des Beschlags Kat. 451 stimmen jeden-
falls gut mit Bestandteilen sog. Gelenkbeschläge
von Truhen aus Brandgrab 7 von Hackenbroich
überein712. Die Datierung des Grabes in das dritte
Viertel des 2. Jahr hunderts n. Chr.713 deckt sich
mit der zeitlichen Einordnung der Periode II/II+ der
Insula XLI von Flavia Solva-Wagna.
Die Eisenartefakte Kat. 453 – 457 dürfen wohl als
Klammern zur Verbindung von hölzernen Bauele-
menten angesprochen werden (vgl. Kap. 9).
Unter den vorliegenden Eisenfunden sind Nägel
Kat. 458 – 494 die häufigsten Artefakte. Diese dürf-
ten hinsichtlich ihrer Funktion weitgehend entspre-
chend den nachgewiesenen Eisenklammern in
Zusammenhang mit der vorliegenden Holzarchitek-
tur zu deuten sein (vgl. Kap. 9). Bemerkenswert ist
711 Zum Fehlen von Militaria im vorliegenden Befund vgl. Kap.
16.
712 Müller 1971, 210. 212 f. Abb. 8, 11 – 12.
713 Müller 1971, 212.
Fibel Typ Fundzusammenhang
Kat. 433 (Groh 1996, FI 10) A 70/73 f Haus II, Raum F
Kat. 434 (Groh 1996, FI 14) A 236h Haus III, Raum K
Kat. 435 (Groh 1996, FI 4) Jobst 10A Haus IV, Raum O
Kat. 436 (Groh 1996, FI 21) Jobst 13C Haus IV, Raum N
Kat. 437 (Groh 1996, FI 6) A 70/73 gl Straße K
Kat. 438 (Groh 1996, FI 24) ›Taubenfibel‹ Haus IV, Raum P
Tab. 17: Verteilung der Fibeln aus Periode II/II+ auf Häuser der Insula XLI
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321