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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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154 Die flächige Brandschuttschicht der Insula XLI wurde von S. Groh der Periode II/II+ zugewiesen. Das Brandereignis ist nach Ausweis der Münzfunde (vgl. Kap. 11.1.3.1) sowie des Terra Sigillata-Spek- trums (vgl. Kap. 11.1.2.5.3) in die Zeit der Marko- mannenkriege um 170 n. Chr. zu datieren901. Ein Datum, das dem von A. Birley für den Einfall der Markomannen und Quaden nach Oberitalien ange- gebenen entspricht (vgl. Kap. 2)902, deshalb aber freilich keineswegs als stringentes Argument für eine Verknüpfung des Befundes mit der Ereignisge- schichte zu bewerten ist (vgl. Kap. 16). Abgesehen von dem chronologisch nicht näher als »23 v.–192 n. Chr.« bestimmbaren As Mü 161 beginnt die aus Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vorliegende Münzreihe mit einem As des Tiberius für Divus Augustus (Mü 160). Schlussmünze der Brandschuttschicht ist ein Dupondius der Kaiser Marcus Aurelius und Lucius Verus für Marc Aurel von 166 n. Chr. (Mü 40). Neben der Schlussmünze der Periode II/II+ liegt für den Zeitpunkt des Brandes ein weiterer chronologi- scher Hinweis durch die primär auf der numisma- tischen Evidenz unter Berücksichtigung des Terra Sigillata-Spektrums beruhende zeitliche Einordnung der folgenden Bauperiode III vor. Die Baumaßnah- men dieser auf den um 170 n. Chr. datierten Brand- befund der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna fol- genden Bauperiode III wurden von S. Groh etwa in die Zeit ab 180 n. Chr. datiert903. Ein Dupondius des Marc Aurel von 173 n. Chr., der aus einer Pla- nierschicht (III-) stammt, gibt einen terminus post quem für die folgenden Baumaßnahmen904. Die Fundlage dieser Münze in Haus I, Raum A (Baupe- riode III-) entspricht etwa Raum N in Haus IV (Bau- periode II/II+)905. In diesem Zusammenhang ist dar- auf hinzuweisen, dass der konkrete Dupondius des Marc Aurel freilich erst ab 173 n. Chr., d. h. auch zu einem jüngeren Zeitpunkt, deponiert worden sein konnte und die Genese der Brandschicht deshalb nicht zwingend vor 173 n. Chr., sondern lediglich zwingend vor einem Zeitpunkt ab 173 n. Chr. zu datieren ist. Die nach den Münzfunden erarbeitete Chronologie ist nach Ausweis der Terra Sigillata aus Periode II/II+ zu ergänzen und wird durch diese bestätigt. In die- sem Zusammenhang sind zwei Faktoren zu unter- streichen: Bezüglich der sog. glatten Terra Sigil- lata ist auf das Fehlen der Tellerform Drag. 32 bei einem überwiegenden Anteil der Form Drag. 18/31 innerhalb des Spektrums glatter Ware hinzuweisen. Grundsätzlich kann das Fehlen der Form Drag. 32 901 Groh 1996, 179  –  181. 902 Birley 1987, 252. 903 Groh 1996, 160 f. 904 Groh 1996, 88. 90 f. 199, MÜ 42. 905 Groh 1996, Plan 6. 9. 14 auch auf andere als zeitliche Faktoren zurückzufüh- ren sein. Zumindest zeigen die vorhandenen Teller Drag. 18/31, dass vor allem in Haus II ein gewis- ser Bedarf an Tellern aus Terra Sigillata bestand, der ausschließlich durch Typvertreter Drag. 18/31 gedeckt wurde. Bedarfsmangel oder die Bevorzu- gung anderer Produkte, die dieselbe Funktion erfül- len (z. B. Holzteller), sind deshalb als Einflüsse, die das Fundbild beeinträchtigen, eher auszuschließen. Bei den Terra Sigillata-Gefäßen, die der Modelware zuzurechnen sind, dominiert die mittelgallische Ware gegenüber den frühen Produkten aus Rhein- zabern (Gruppe Ia) das Fundspektrum. Jedoch sind in sehr geringen Mengen auch den Gruppen IIa und IIb zuweisbare Schüsseln Drag. 37 im vorliegenden Fundmaterial der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vertreten (vgl. Kap. 11.1.2.5.3). Diese drei durch jeweils ein Wandfragment nach- gewiesenen Gefäße der Gruppe II wären in den Zeitraum von etwa 200 n. Chr. bis in die spätseve- rische Zeit zu datieren. Für diese Evidenz sind drei Erklärungsversuche zu diskutieren. Unter der Prä- misse, dass die Fragmente der Periode II/II+ zuzu- rechnen sind906, wäre von einer jüngeren Datierung der Periode II/II+ in severische Zeit auszugehen. Diese Überlegung ist durch den erwähnten Dupon- dius des Marc Aurel von 173 n. Chr. aus der Planier- schicht (III-) sowie die für eine Datierung um 170 n. Chr. sprechenden Funde und deren Parallelen aus kontemporär datierten Befunden (vgl. Kap. 11) nicht gänzlich auszuschließen, aber zumindest als unwahrscheinlich einzustufen. Ebenso wenig plausibel und unzulässig ist eine Modifizierung der Chronologie Rheinzaberner Gruppen zugunsten der Datierung des vorliegenden Befundes um 170 n. Chr. Schließlich ist es am naheliegendsten wegen der geringen Größe und Menge der den Gruppen IIa und IIb zuzurechnenden Wandfragmente vorzu- schlagen, dass es sich wahrscheinlich um infiltrierte Überreste jüngerer Straten handeln dürfte907. Zu dieser Schlussfolgerung darf angemerkt werden, dass neben der Infiltration als einer von mir als wahrscheinlicher erachteten und favorisierten Ursa- che für die geringe Anzahl der spezifischen Rhein- zaberner Sigillaten andererseits auch von der Prä- misse ausgegangen werden könnte, dass es sich bei den jüngsten Funden innerhalb eines geschlos- senen Fundspektrums in vielen Fällen (aber freilich 906 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass von den drei Wandfragmenten nach Ausweis der Angaben am Fund- zettel lediglich eines (Kat. 409 – Gruppe IIa) konkret der Brandschuttschicht II+ zuzurechnen ist, während die übrigen (Kat. 413 – Gruppe IIa und Kat. 412 – Gruppe IIb) dem Boden (II) bzw. vermutlich der Planierschicht (III-?) zuzuweisen sind. Diese Evidenz korrespondiert damit, dass lediglich Kat. 409 sekundäre Brandspuren aufweist. 907 Vgl. Annahmen bei Groh 1996, 112.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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