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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 190 -
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190 Möglichkeiten und Grenzen der historischen Inter- pretation provinzialrömischer Befunde und vice versa inwiefern provinzialrömische Befunde zu alt- historischen Fragestellungen konstruktive Beiträge zu leisten vermögen, sollen in diesem Rahmen mit der vorliegenden Fallstudie exemplifiziert und dis- kutiert werden1140. Diese Diskussion soll berück- sichtigen, wie die verschiedenen, aber thematisch demselben Rahmen angehörenden schriftlichen und nichtschriftlichen Quellen und differenzierten Perspektiven unterschiedlicher Fachrichtungen der Altertumswissenschaften auf diese Quellen zusammengeführt werden können, ohne dabei auf eine Illustration des Spannungsverhältnisses zwi- schen Archäologie und Geschichtswissenschaft beschränkt zu bleiben. Die Ausgangslage hierzu ist innerhalb der Fachrich- tung Provinzialrömische Archäologie als eher dürftig oder sogar inexistent zu beurteilen, worauf zuletzt M. K. H. Eggert anlässlich eines Überblicks über die archäologischen Fächer hingewiesen hat1141. Schriftliche Quellen, die die Ereignisgeschichte illustrieren, werden zwar im Zusammenhang mit der Interpretation provinzialrömischer Befunde her- angezogen, auf die Art und Weise, wie diese Syn- these erfolgt, gleichsam die Methoden der Inter- pretation und ihre Problematiken, wurde bislang für die Provinzialrömische Archäologie m. W. kaum je detailliert eingegangen1142. Methodische Richtlinien zum Umgang mit dieser Thematik liegen nicht vor, was insofern ungewöhnlich erscheint, als dass die Verknüpfung provinzialrömischer Befunde mit der historischen Überlieferung seit der Genese des Faches ein wiederkehrendes und zentrales Thema bildet. Für die Klassische Archäologie, die ebenso wie die Provinzialrömische Archäologie über eine schriftliche Parallelüberlieferung verfügt, hat U. Sinn gefordert, im Zusammenhang mit archäologischen und schriftlichen Quellen das Hauptaugenmerk der Forschung von der Suche nach Kongruenzen ver- stärkt auf die »Herausarbeitung von Widersprüchen und Diskrepanzen« zu legen1143, eine Auffassung, der zuletzt auch M. K. H. Eggert gefolgt ist1144. Die Provinzialrömische Archäologie beruht sowohl auf schriftlichen als auch auf nichtschriftlichen Quel- len. Beide Quellengattungen werden gleichermaßen 1140 In diesem Zusammenhang sei auf die unter der Überschrift »Was ist Geschichtsschreibung in archäologischen Fä- chern?« subsumierten, äußerst lesenswerten, konzisen Be- merkungen M. Fitzenreiters aus ägyptologischer Perspektive verwiesen: Fitzenreiter 2011, 262  –  264. 1141 Eggert 2006, 148. 201 f.; Ansätze: Bechert 1999, 7  –  9. 39  –  52; Bechert 2003, 19  –  21. 27  –  36; Fellmann 1997, 656  –  658. 1142 Unter besonderer Berücksichtigung der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit: Wenskus 1979, 637  –  657; Falk 2005. Frommer 2007. Für die Klassische Archäologie: Sinn 2003, 39  –  61. 1143 Sinn 2004, 49. 1144 Eggert 2011, 40. zur Erörterung von Fragestellungen der Provinzial- römischen Archäologie herangezogen. Die ange- strebte Kombination schriftlicher und nichtschrift- licher Quellen findet jedoch häufig de facto nicht statt, sondern stagniert auf der Ebene einer paral- lelen Betrachtung beider Quellengattungen. Deut- lich wird, dass die Grenzen, wie und ab welchen Voraussetzungen eine Kombination vorzunehmen ist1145, unklar oder individuell verschieden sind. Das Verhältnis von Archäologie, d. h. nichtschriftlicher Quellen, zur auf Schriftquellen beruhenden Historie zu beleuchten, wäre ein wichtiger Ansatzpunkt zur Grundlagenreflexion innerhalb der archäologischen Fächer1146, auf den, wie bereits erwähnt, allerdings bislang von der Forschung kaum näher eingegan- gen wurde. Eine Problematik liegt wohl darin, dass zur Kombi- nation der Quellengattungen die Aufbereitung der schriftlich und nichtschriftlich vorliegenden Fakten lediglich Voraussetzung, aber noch kein Ergebnis ist. Die Kombination der beiden Quellengattungen ist, sofern sie einander nicht decken, gleichzeitig Interpretation und muss zwangsläufig den Bereich der Fakten verlassen. Dass dieser Weg beson- ders in der Archäologie mit ihren vermeintlich als Fakten angesehenen Befunden und Funden nur ungern beschritten wird1147, zeigen beispielsweise auch meine bescheidenen strukturgeschichtlichen Versuche am jeweiligen Ende der Kapitel 2.1 »Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien« und 2.2 »Die antoninische Pest« sowie im Kapitel 14 »Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kulturgeschichtlichen Kontext von Fla- via Solva«. Tatsächlich werden in diesem Rahmen eher Möglichkeiten und Versionen einer Strukturge- schichte diskutiert, als diese konkret ›zu schreiben‹. M. K. H. Eggert hat aufgezeigt, dass zur Interpre- tation archäologisch dokumentierter Phänomene in den Archäologien mit schriftlicher Parallelüberliefe- rung Konzepte notwendig wären, »die jenseits der empirischen Überlieferung liegen oder jedenfalls über sie hinausgehen«1148. Eine allgemeine Problematik besteht sicher in der generellen Unterschiedlichkeit schriftlicher und nichtschriftlicher oder archäologischer Quellen1149 sowie in der Fehleinschätzung des Potenzials der primären Quellen der jeweiligen Nachbardiszip- lin1150. Die Gegensätze dieser beiden im Zuge von Forschungsarbeiten der archäologischen Fächer mit schriftlicher Parallelüberlieferung zur Erörte- rung einer Fragestellung herangezogenen Quellen- 1145 Eggert 2006, 219. 1146 Eggert 2006, 220. 1147 Der Begriff ›naiver Realismus‹ mag durchaus auch auf die Archäologie anzuwenden sein. Vgl. Lorenz 1997, 13  –  15. 1148 Eggert 2006, 208. 1149 Eggert 2005, 46  –  51; Eggert 2011, 25, 39 f.; Veit 2011, 303 f. 1150 Müller-Scheeßel 2011, 132.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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