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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 193 -
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Seite - 193 - in Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva

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193 dass wir wohl davon ausgehen dürfen, dass der ›Krise‹ zur Zeit der Markomannenkriege durch die Ausbreitung der sog. antoninischen Pest (vgl. Kap. 2) eine zusätzliche Komponente und Dynamik verliehen wurde. Nach M. K. H. Eggert und J. Rüsen wäre es schließ- lich Aufgabe einer dialektisch vorgehenden For- schung, »die hermeneutisch und analytisch gewon- nenen Ergebnisse zu verbinden, um historische Prozesse als das Ergebnis einer offenen Beziehung zwischen menschlichen Absichten und strukturellen Gegebenheiten begreifbar zu machen«1162. Für das konkrete Fallbeispiel wären verschiedene (fiktive) Möglichkeiten des historischen Verlaufs und der diesen beeinflussenden Strukturen zu dis- kutieren und gegeneinander abzuwägen. Ergebnis dieses Verfahrens soll schließlich die Präsentation des als am plausibelsten erachteten rekonstruier- ten möglichen historischen Verlaufs sein. Die Eva- luierung der zum Thema vorliegenden Fakten und Belege1163 anhand der erwähnten hermeneutischen und einer analytischen Vorgehensweise kann dazu beitragen, mögliche Rekonstruktionen auf plausi- ble Verläufe einzugrenzen (vgl. Kap. 16). Nach M. K. H. Eggert sei es Aufgabe »empirische Genau- igkeit mit solider Reflexion der theoretischen Impli- kationen archäologischer Deutung zu kombinieren und auf dieser Grundlage ein archäologisch-histo- riographisches Panorama einstiger Wirklichkeit zu entwerfen«1164. Hinsichtlich der für das vorliegende Fallbeispiel erhobenen und überprüften Fakten und Interpretationen wäre diesbezüglich darauf zu ver- weisen, dass sich die Einbettung des Brandbefun- des der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna in den historischen Kontext der Markomannenkriege auf den sich mit dem Zeitraum der Markomannenkriege überschneidenden erarbeiteten Zeitpunkt des Bran- dereignisses reduziert. Auf das Fehlen von Indizien, die eindeutig eine gewaltsame Zerstörung von Häu- sern in Flavia Solva-Wagna um 170 n. Chr. belegen würden, ist in diesem Zusammenhang bereits hin- gewiesen worden. Diese Überlegungen in die Ent- scheidungsfindung miteinbeziehend, erscheint mir bei derzeitigem Kenntnisstand die Möglichkeit eines Schadensfeuers plausibler als eine Verknüpfung mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Jedoch lässt sich weder die eine noch die andere Deutung mit Sicherheit bestätigen oder ausschließen. Nach den vorliegenden Indizien ist es lediglich möglich, eine momentan als wahrscheinlicher zu betrachtende Interpretation vorzuschlagen. Eine kontrafaktische Geschichtsbetrachtung1165, die schriftliche Überlieferungen für vorliegendes Fall- 1162 Eggert 2006, 209; vgl. Rüsen 1986, 101 f. 135  –  147. 1163 Vgl. Eggert 2002, 123 f. 1164 Eggert 2006, 218. 1165 Demandt 2011, 23  –  31. beispiel ausblendet, zeigt die hinsichtlich der histo- rischen Deutung des Befundes mitunter festzustel- lende massive Abhängigkeit von den Schriftquellen und den aus diesen abgeleiteten Vorstellungen der Bedrohung von römischen Siedlungen an der Bern- steinstraße durch über diese Route nach Italien einfallende Germanen deutlich. Wäre kein Einfall der Germanen nach Oberitalien etc. in den Schrift- quellen überliefert, würde man wohl kaum auf den Gedanken kommen, den Brandhorizont der Holz- Fachwerk-Häuser der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna mit einem kriegerischen Ereignis in Verbindung zu bringen. In Zusammen- hang mit der Provinzialrömischen Archäologie eine ›Tyrannei der Schriftquellen‹1166 zu beklagen, erscheint allerdings unangebracht. Archäologische Befunde können, aber müssen nicht zwingend Ereignisse illustrieren, die durch antike Schriftquel- len überliefert sind. Falls es gelungen ist, mit diesem knappen Ausblick innerhalb des Faches eine tiefer gehende Diskus- sion über den Stellenwert der und den Umgang mit der Verknüpfung provinzialrömischer Befunde mit der durch Schriftquellen bezeugten Ereignisge- schichte anzuregen, ist ein erster Schritt zur Refle- xion und Revision dieser Thematik erfolgt. Ich hoffe, mit der vorliegenden Arbeit einen initialen Beitrag dazu geleistet zu haben. 1166 Zum verwendeten Begriff in Zusammenhang mit der Mittel- alterarchäologie: Scholkmann 2003, 240 f.; Frommer 2007, 119 f.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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