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78 | Humanistisches Gedankengut im Ostalpenraum
Zu Celtis’ umfangreichem schriftlichem Nachlass (v. a. literatur- und bildungstheo-
retische Schriften, Texteditionen antiker Autoren und zahlreiche Dichtungen) zählt
auch eine wertvolle Briefsammlung.296 Wie die übrigen Werke sind auch die meisten
Briefe Zeugnisse für Celtis’ dominierendes Interesse am literarischen Erbe der
Antike. So suchte er selbst wie einst Poggio Bracciolini in Klosterbibliotheken nach
Handschriften antiker Autoren bzw. erteilte entsprechende Suchaufträge seinen
Freunden und Bekannten, die ihm später über ihre Ergebnisse berichteten.297 Bei
einem dabei verwendeten Begriff ist allerdings etwas Vorsicht geboten: Wenn in
einem Kloster nach „antiquitates“ gesucht wird, sind darunter wohl Handschriften
mit Texten antiker Autoren zu verstehen.298 Der Begriff „antiquitates“ taucht in einem
Schreiben an Konrad Celtis aber auch als Bezeichnung für gegenständliche Überreste
der Vergangenheit auf, was auf ein entsprechendes Interesse des Adressaten
hinweist.299
Einige weitere Briefe belegen ganz konkret Celtis’ Neigung für antike und antikisie-
rende Inschriften. Es ist leicht verständlich, dass Freunde und Bekannte von einem
begabten Dichter wie ihm poetische epitaphia für nahestehende Verstorbene erbaten
und zur Erfüllung dieses Wunsches die entsprechenden persönlichen Informationen
mitschickten.300 In seinem Dankschreiben für einen derartigen Freundesdienst er-
suchte Johannes Fuchsmagen Celtis überdies um einen Entwurf von Buchstaben für
den Steinmetzen nach einem bereits verwendeten Muster auf einem Stein in Fuchs-
magens Besitz.301 Dem geachteten Dichter wurde eindeutig auch in dieser Ange-
legenheit entsprechendes Wissen und Kompetenz zuerkannt.302
Celtis’ starkes Interesse für gegenständliche Überreste der Römerzeit wird neben
einem Brief von Dietrich Reisacher (Rysicheus) über den Fund von zwei Inschriften
http://joachimgruber.userweb.mwn.de/systematischebibliographien/autoren/celtis/index.html
[abgerufen am 31.08.2015].
296 Der Briefwechsel des Konrad Celtis wurde gesammelt, herausgegeben und erläutert von Hans
Rupprich (Veröffentlichungen der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Reformation
und Gegenreformation, Humanistenbriefe 3), München 1934. Die wichtigste Quelle dafür ist
neben vielen anderen Handschriften der sog. Codex epistolaris der Wiener Nationalbibliothek
(CVP 3448). Er enthält zudem auf der Rückseite des Vorsatzblattes das Diplom über seine Krö-
nung zum poeta laureatus (am 18. April 1487 in Nürnberg durch Friedrich III.) aus Celtis’ eigener
Hand.
297 Telatko, Humanismus 143–145.
298 Vgl. etwa den Brief des Johann von Reitenau an Konrad Celtis: „Praeceptor colendissime, uti prae-
cepistis, monasterii in faucibus Alpium siti secreta quaeque perlustravi, sed nihil antiquitatis repperi“
(zitiert bei Rupprich, Celtis-Briefe 115, Nr. 68).
299 Georgius Boorius Caetianus berichtet von „antiquitates Marchomannorum“ in der Nähe von Olmütz
(h. Olomouc); siehe Rupprich, Celtis-Briefe 578 (Nr. 322). Vgl. auch Telatko, Humanismus 145.
300 Vgl. etwa die Briefe von Jakob Canter und Johannes Fuchsmagen (Rupprich, Celtis-Briefe Nr. 182,
311 und 314).
301 „[...] ut requiras illos characteres litterarum antiquarum Latinarum, quibus usi sumus in illo saxo meo, cui
patrocinaveras“ (zitiert bei Rupprich, Celtis-Briefe 567, Nr. 314).
302 Mit den Texten und Schriftformen antikisierender Inschriften, insbesondere der Verbindung von
(neuzeitlicher) Epigrammatik und Epigraphik bei Cuspinianus und Celtis, hat sich Andreas Zajic
(ÖAW) befasst. Vgl. daher künftig seine oben bereits angekündigte Publikation Epigramm und
Epitaph.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548