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Augustinus Prygl Tyfernus | 123
lassen oder etwas Erforderliches hinzuzufügen. Er distanziert sich weiters von allen
darin enthaltenen Fehlern und schiebt sie auf das Konto der Freunde, die ihn mit
ihrer Arbeit unterstützt haben. Tyfernus spricht hier plötzlich von mehreren amici,
auf deren Hilfe er zählen konnte, nennt allerdings keine weiteren Namen. Auf eine
dieser unbekannten Quellen scheinen die Blätter 32v–34v im CVP 3528 hinzuweisen:
Die hier stehenden Kopien römerzeitlicher Denkmäler aus Neapel wurden nach
Mommsen weder von Giocondo entlehnt noch vom Stein selbst abgeschrieben.536
Tyfernus hat nicht nur für Inschriften aus Süditalien Quellen herangezogen.
CVP 3492 enthält auf fol. 9r–19r (eher wertlose) Abschriften aus der Sammlung des
Ciriaco d’Ancona, die mit „Epigrammata latina comperta a Kyriaco Anconitano vetustatis
superioris saeculi diligentiss. indagatore” betitelt sind (fol. 9r).537 Durch die Übernahme
von Giocondos Vorgangsweise, Quellen für Teile der Inschriftensammlung anzu-
geben, reiht sich Tyfernus in eine italienische Handschriftentradition ein538, die von
den Humanisten des (ausgehenden) 15. und 16. Jahrhunderts leider kaum weiter
verfolgt wurde. Giocondo beabsichtigte ursprünglich sogar, nur Inschriften zu
verzeichnen, die er persönlich vom Original abgeschrieben hatte539, nahm aber dann
doch auch Zuschriften von Freunden oder Inhalte anderer Sammlungen in seine
eigene auf, die er mitunter sogar kritisch kommentierte.540 Die beiden letztgenannten
Gruppen stellte er in eigene Abschnitte seiner Sammlung und gab in der Regel auch
deren Herkunft an. Eine ganz ähnliche Vorgangsweise kann bei Tyfernus beobachtet
werden. Auch wenn seine Sammlung heute nur in Form von Abschriften vorliegt,
lässt sich eindeutig feststellen, dass sie in Abschnitte gegliedert war und sich aus
eigenen und fremden Inschriftenkopien zusammensetzt. Zum einen weisen leere
Seiten bzw. Blätter zwischen den einzelnen Abschnitten darauf hin, zum anderen
ersetzt das äußere Erscheinungsbild der beschriebenen Seiten fehlende Angaben im
Text: Es fällt auf, dass in Passagen, für die Tyfernus eine Quelle vorgelegen ist,
überwiegend Minuskeln verwendet worden sind, und zwar sowohl für den Inschrift-
text als auch für die zugehörige Ortsangabe. So heben sich die oben erwähnten
Abschriften aus der Sammlung des Ciriaco d’Ancona hinsichtlich ihres Aussehens
deutlich von den folgenden Inschriftenkopien (CVP 3492, fol. 19v–20r) ab. Gleiches
gilt für die nächsten beiden Abschnitte (CVP 3492, fol. 21r-v und fol. 22r–25v) mit
diversen Inschriften aus Rom und dem übrigen Italien. Besonders auffällig sind in
diesem Teil die rubrizierten Ortsangaben, bei denen ausschließlich die Lokalisierung
„IBIDEM“ in Majuskeln aufscheint. Tyfernus lag hier im Gegensatz zu den nach-
folgenden, ausschließlich neapolitanischen Denkmälern, die er selbst kopiert hatte
(fol. 27r–38v = CVP 3528, fol. 28v,3–42v,1), eine Quelle vor. Aufgrund der auffälligen
Schreibweise liegt es nahe, zumindest bei der Quelle für CVP 3492, fol. 24r–25r an
Giovanni Giocondo zu denken. Möglicherweise hat Tyfernus hier genau jene
536 Vgl. CIL X, S. 184.
537 Nach Simoniti, Sloven. Humanismus 118, hat Tyfernus die Inschriften Ciriacos über Giocondo er-
halten. Vgl. Kap. 2.
538 Siehe auch dazu Kap. 2.
539 Vgl. Weiss, Discovery of Antiquity 150 mit Anm. 6.
540 „Pomponius (sc. Laetus) dedit, sed non puto fidele“ rügt er beispielsweise (zitiert im CIL VI, S. XLIIIb).
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548