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Codex Vindobonensis Palatinus 3255* | 149
Aus den Wasserzeichen geht hervor, dass der gesamte Codex in das erste Jahrzehnt
des 16. Jahrhunderts zu datieren ist. Während für den vorderen Teil eine Entste-
hungszeit in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts (unter Berücksichtigung der übli-
chen Toleranzen von vier bis fünf Jahren) noch möglich wäre, sind fol. 105–134 auf-
grund der Dichte der vergleichbaren Zeichen höchstwahrscheinlich in die zweite
Hälfte des ersten Dezenniums zu datieren.634
Zu diesem kodikologischen Befund passt bestens eine Stelle auf fol. 130v: Dort wird
die Inschrift CIL III 5670a mit folgender Ortsangabe genannt: „Etiam in Edibus eius-
dem doctoris (sc. Fuchsmag) est lapis quem ex Ibs illuc transtulit.“ Von Cuspinianus ken-
nen wir zusätzlich das Jahr des Fundes und den späteren Aufstellungsort des
Steines: „[...] lapis nuper anno salutis M.D.VIII in ipsa (nomen oppidi est) Danubii ripa
effossus, qui hodie in collegio Ducali Viennae Pannoniae est affixus“.635 Demnach wurde
der Stein im Jahre 1508 im niederösterreichischen Ybbs/Donau gefunden und von
Johannes Fuchsmagen nach Wien in sein Haus gebracht. Damit liegt ein eindeutiger
terminus post quem für die Datierung des hinteren Teiles des CVP 3255* (Register
einer Inschriftensammlung) vor.636
Eine eindeutige Aussage über den Entstehungsort ist nicht möglich, da insbesondere
die Wasserzeichen „Ochsenkopf“ und „Krone“ in mitteleuropäischen Handschriften
in fast unzähligen Variationen vorkommen; neben dem süddeutschen Raum sind
allerdings Tirol und Trient besonders stark vertreten – Gebiete, in denen sich
Johannes Fuchsmagen nachweislich oft aufhielt. Zusätzlich ist festzuhalten und in
künftige Beobachtungen einzubeziehen, dass die Wasserzeichen Krone und Kreis in
den relevanten Variationen mit nur geringfügig abweichenden Abmessungen auf-
fallend häufig in Schriftstücken aus der Kanzlei oder dem Umfeld von Maximilian I.
auftauchen. Dazu passend weist auch ein Brief Fuchsmagens an den Krems-
münsterer Abt Schreiner vom 25. Jänner 1508 das Wasserzeichen Krone in der rele-
vanten Variation mit denselben Beizeichen auf.637
Das gelb kolorierte Rahmenornament auf dem Titelblatt (fol. 1r) sowie Aufbau und
Gestaltung der einzelnen Blätter weisen eindeutige Einflüsse des italienischen
Humanismus auf.638 Dies ist aber nicht als Fingerzeig darauf zu werten, dass die
Handschrift tatsächlich in Rom angefertigt worden ist, wie Menhardt aus einem in
634 Zur Fragen und Grenzen der Datierung undatierter Handschriften siehe aktuell und detailliert
Sven Limbeck, Wozu sammeln wir Wasserzeichen? Vom Nutzen eines Papiermerkmals für Editoren, in:
Martin Schubert (Hrsg.), Materialität in der Editionswissenschaft (Beihefte zu Editio 32),
Berlin/New York 2010, 27–43.
635 Cuspinianus, De consulibus 509. Siehe dazu Kap. 3.3.
636 Zu Inhalt und Gliederung der Handschrift siehe weiter unten in diesem Kapitel, zur Frage der
Datierung auch Kap. 7.2.3.
637 Stiftsarchiv Kremsmünster (Sig.: 105.I.p.), Brief Nr. 8; vgl. Piccard-Online 53658 (belegt für Inns-
bruck 1509).
638 Für diesen Hinweis ist István Németh (eh. ÖNB) zu danken.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548