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Codex Vindobonensis Palatinus 3255* | 155
beantworten bzw. bestätigen. Hülsen war zu dem Schluss gelangt, dass es zum CS
hist. 4° 316 eine Vorlage gegeben haben muss, die Nicola Caffarelli gehörte. Von
dieser wurden nach Hülsen (zumindest) drei Kopien, die heute in Stuttgart, Darm-
stadt und Uppsala liegen, angefertigt.661
Ergänzend dazu kann nunmehr Folgendes festgestellt werden: Bei der Wiener Hand-
schrift CVP 3255* handelt es sich nicht um den gesuchten Archetyp, sondern um eine
weitere, bisher unbekannte Abschrift der Publius-Licinius-Sammlung, die auf den-
selben Archetyp wie die Stuttgarter Kopie zurückgeht. Dieser Archetyp war Eigen-
tum des Römers Nicola Caffarelli, Bruder des Bischofs von Ascoli Piceno, Prospero
Caffarelli.662
Beweise dafür sind:
1. Die Besitzeintragung „Nicolai de Cafarellis“ im CVP 3255*, fol. 1r, stammt aus der-
selben Texthand (Hand I) wie die Widmung an Franciscus Porcarius auf dieser Seite.
Auch im CS hist 4° 316, fol. 1r, geht die Namensnennung auf die Texthand zurück.
Sie wurde also in beiden Fällen zeitgleich mit dem gesamten Codex kopiert.
2. Eine zweite Besitzeintragung „Nicolai Cafarelli Romani“ ist in beiden Codices gegen
Ende der Sammlung zu finden.663 Während sich der Kopist der Wiener Handschrift
bemühte, auch die Platzeinteilung der Vorlage zu übernehmen664, wurde der Eintrag
vom Schreiber des Stuttgarter Codex unauffällig in den Lauftext integriert.
3. Hin und wieder fehlt im Stuttgarter Codex etwas, das im Wiener enthalten ist und
umgekehrt: So vermisst man beispielsweise die Inschrift CIL VI 937 (CVP 3255*,
fol. 18r) in der Stuttgarter Handschrift, während im Wiener Codex auf den grie-
chischen Text einer Inschrift aus Achaia (CS hist. 4° 316, fol. 132r) vergessen wurde,
obwohl der Platz vor der zugehörigen lateinischen Übersetzung ausgespart worden
war.
4. Beide Codices enthalten analog einen interessanten Verweis aus der jeweiligen
Texthand: „Vide etiam alia in domo cafarella in folio penultimo.“665 Die Bemerkung muss
folglich jemand der Vorlage hinzugefügt haben. Sie bezieht sich auf das Ende der
Sammlung, wo Inschriften aus dem Haus des Besitzers, Nicola Caffarelli, hinzuge-
fügt wurden.666
Insgesamt ist die Wiener Abschrift als sorgfältiger und damit als wertvoller zu beur-
teilen. Ein Grund dafür sind etwa die Ligaturen von CIL VI 20306, mit denen der
661 Hülsen, Sillogi epigrafiche 148.
662 Neben der etwas gebräuchlicheren Schreibweise „Caffarelli“ wurde früher auch „Cafarelli“ gerne
verwendet.
Zu dieser v. a. kunsthistorisch sehr interessierten Familie siehe zuletzt Uta Barbara Ullrich, Der
Kaiser im „giardino dell’Impero“. Zur Rezeption Karls V. in italienischen Bildprogrammen des 16. Jahr-
hunderts, Berlin 2006.
663 CVP 3255*, fol. 101v; CS hist. 4° 316, fol. 152v.
664 Die Handschrift ist generell so ausgeführt, dass man bei Betrachtung ohne Vorwissen die diversen
Verweise für nachträgliche Ergänzungen halten könnte (was sie in der Vorlage auch waren).
665 CVP 3255*, fol. 57r; CS hist. 4° 316, fol. 113r.
666 CVP 3255*, fol. 102v –103v; CS hist. 4° 316, fol. 153r – 154v.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548