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210 | Codex Pragensis XIII G 14
Inschriftenkopien unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Wertes in
seinem Werk vereint und seinerseits weitergegeben hat. Dadurch aber haben diese
frühen Abschriften von Denkmälern aus ehemals norischem und (ober)pan-
nonischem Gebiet letztlich einen großen Bekanntheitsgrad und hohen Quellenwert
für die moderne Epigraphik erlangt.
In Verbindung mit den elf oben zusammengestellten Fakten und Indizien ist nun-
mehr folgende Schlussfolgerung unumgänglich: Es muss Johannes Fuchsmagen ge-
wesen sein, der im ausgehenden 15. Jahrhundert begann, wie der ihm geistig sehr
nahestehende Konrad Peutinger römerzeitliche Inschriften im Original und in Form
von Abschriften zu sammeln. Seine mannigfaltigen Kontakte zu Zeitgenossen, sein
Wiener Haus als Treffpunkt der Intellektuellen, seine Art, das Wissen seiner Zeit zu-
sammenzutragen, ohne sich selbst in den Vordergrund zu stellen, passen bestens in
dieses Bild.908 Nicht unberechtigt ist daher die Hoffnung, dass sich durch Zufall für
die eine oder andere Inschrift ein Entdecker oder Mittelsmann namhaft machen lässt,
der seinen Fund bzw. seine Abschrift in einem noch unbekannten Brief mitgeteilt hat.
Dies wäre allerdings ein wahrer Glücksfall, denn zum einen ist der Nachlass bereits
bekannter Inschriftensammler diesbezüglich wenig aussagekräftig909, zum anderen
kommen viele namentlich nicht oder bisher nur anderweitig bekannte Zeitgenossen
in Frage, mit denen Johannes Fuchsmagen in direktem oder indirektem Kontakt
stand.910 Dass auch (weitere?) Beiträge von Augustinus Tyfernus darunter sind, die
aus irgendeinem Grund in seinen Codices fehlen911, ist wegen seines nachweislichen
Inschriftentausches mit Fuchsmagen mehr als nur wahrscheinlich. Wie nahe die
Tätigkeit von Tyfernus dem sogenannten Antiquus Austriacus steht, zeigen nicht
zuletzt die auf eingehenden Studien und Überlegungen basierenden Versuche, eine
Identität zwischen diesen beiden Namen anzunehmen.912
908 Diese These gewinnt zusätzlich an Bedeutung, wenn man u. a. die Beobachtungen zu den teils
unterschiedlichen Ortsangaben der „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ in den einzelnen Hand-
schriften mit einschließt: Einige Lokalisierungen sind im Prager Pergamentcodex schlicht falsch,
während sie in Peutingers Manuskript richtig überliefert werden. Der umgekehrte Fall ist ebenso
dokumentierbar wie die Tatsache, dass Peutinger mitunter recht vage Ortsangaben hat, während
sie im Codex Pragensis (sehr) konkret formuliert sind. Zur Gegenüberstellung dieser beiden Über-
lieferungsträger und den daraus resultierenden Folgerungen siehe ausführlich Kap. 8.3.3.
909 Hier sei beispielhaft hingewiesen auf die erhaltene Korrespondenz von Konrad Peutinger oder
Johannes Choler.
910 Wie weitreichend Fuchsmagens Kontakte zu Zeitgenossen waren, manifestiert sich deutlich am
Cod. 664 der ULBT, doch ging sein Aktionsradius aufgrund seiner einflussreichen Stellung am
kaiserlichen Hof, seinen zahlreichen Ämtern und seinem Engagement für die Wiener Universität
mit Sicherheit weit über den Kreis der in der Handschrift vorkommenden Adressaten und Auto-
ren hinaus. Das Fehlen einer modernen wissenschaftlichen Biographie Fuchsmagens im Kontext
mit seinem Umfeld macht sich demnach auch hier schmerzlich bemerkbar.
911 Sei es, weil diese Handschriften heute unvollständig sind, oder weil Augustinus Tyfernus seine
Funde in späterer Folge Fuchsmagen direkt übermittelte, ohne sie zuvor in die eigene Sammlung
aufzunehmen.
912 Vgl. Simoniti, Sloven. Humanismus 113–115, Šašel Kos, Augustinus Tyfernus 1311b–1313a, und meine
früheren Überlegungen (Greinegger, Tyfernus/Boissard 71–75). Siehe dazu auch Kap. 5 und 11.4.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548