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234 | Konrad Peutinger
denselben Verwahrort, jedoch in sehr unterschiedlicher Formulierung. Die mittel-
alterliche, in Geheimschrift wiedergegebene Inschrift wurde von Fuchsmagen im
Prager Codex zusätzlich buchstabenweise (interlinear) sowie als Ganzes (im An-
schluss) transkribiert. Auch in den Texten der römerzeitlichen Inschriften sind zahl-
reiche Abweichungen festzustellen, die nicht allein durch Unachtsamkeit des
Peutinger-Schreibers im Augsburger Codex und Hand I im Prager Codex zu erklären
sind, sondern eine tiefer gehende Ursache, wie Ur-Abschriften durch unterschied-
liche Personen oder (zusätzlich?) das mehrfache Weiterreichen einer Vorlage, haben
müssen.
Dies ist grundsätzlich möglich, denn beide Inschriften sind bereits aus älteren
Codices bekannt: CIL III 4583 wurde von Bochensvanz etwa Mitte des 15. Jahrhun-
derts abgeschrieben und in einige italienische Sammlungen aufgenommen1009, CIL
III 4567 ist im sogenannten Codex Gar (CT 3569) auf einem losen Blatt zu finden und
könnte ursprünglich ebenfalls auf Bochensvanz zurückgehen.1010 Im Fall der Grab-
inschrift Rudolfs IV. (gestorben 1365) ist davon auszugehen, dass sie seit ihrer An-
bringung im Wiener Stephansdom von interessierten Bewohnern der Stadt ebenso
wie von aufmerksamen Reisenden beachtet worden ist.1011
Die Quellen für die drei besprochenen Inschriften sind demnach weder für
Peutingers Cod. H 23 noch für Fuchsmagens CP XIII G 14 exakt zu bestimmen.
Mommsen hat versucht, für die Belege in der Peutingerhandschrift durch Zuweisung
zur Sammlung des sogenannten Antiquus Austriacus eine Lösung zu finden. Diese ist,
wie sich gezeigt hat, zur Gänze im Prager Codex zu finden.1012 Halten wir an dieser
Stelle als auffällig fest, dass bei zwei von diesen Inschriften – CIL III 4567 und 4583 –
maßgebliche Abweichungen zu Peutingers Cod. H 23 festzustellen sind. So entsteht
fast unvermeidlich der Eindruck, die Nennung des „Antiquus Austriacus“ sei hier
lediglich eine „Notlösung“, weil keine andere Quelle namhaft gemacht werden
konnte.1013
Dass das Forscherteam um Mommsen bei der Zuweisung von Inschriften zur
„Antiquus-Austriacus-Sammlung“ mitunter unsicher war, hat sich bereits bei der In-
schrift CIL III 3895 aus Krain offenbart.1014 Genau diese Inschrift folgt in der relevan-
ten Peutinger-Handschrift auf fol. 46v,2 (nach einer römerzeitlichen Inschrift aus dem
ehemaligen deutschen Kloster Murrhardt, nordöstlich von Stuttgart) den oben be-
sprochenen Wiener Denkmälern. Anschließend ist die mittelalterliche Grabinschrift
1009 Siehe Kap. 3.2.
1010 Siehe Kap. 3.2 und 3.4.
1011 Dieser Ansatz bleibt von den Überlegungen Müllers zu einer möglichen materiellen Umsetzung
der Inschrift innerhalb des Domes – aus dem Chor in den Bereich des Bischofstores – unberührt.
Siehe Müller, Geheimschrift Rudolfs 42–45.
1012 Siehe Kap. 7.4.2.
1013 Diese Annahme stützen auch die Beobachtungen zur Überlieferung dieser Inschrift in einer ande-
ren Peutinger-Handschrift: SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 63rb,2. Vgl. Kap. 8.3.3.
1014 Siehe Kap. 5.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548