Page - 271 - in Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi - Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
Image of the Page - 271 -
Text of the Page - 271 -
Johannes Choler | 271
Die Bayerische Staatsbibliothek bewahrt einen rund 500 Seiten umfassenden
Sammelband mit Werken des Desiderius Erasmus von Rotterdam auf.1208 Das Titel-
blatt der an zweiter Stelle eingebunden Arbeit (Responsio ad Petri Cursii defensionem)
trägt die handschriftliche Widmung von Erasmus’ Privatsekretär Gilbertus Cognatus
an Choler1209. Diese ist zwar nicht mit einem Datum versehen, aber man darf anzu-
nehmen, dass das Werk bald nach seinem Erscheinen im Jahre 1535 Choler über-
mittelt wurde.1210 Die Titelseiten einiger Werke1211 enthalten am rechten oberen
Seitenrand eine Art Paraphe, mit der Choler seinen Besitz gekennzeichnet hat. Dabei
könnte es sich um dasselbe Zeichen handeln, das er an das Ende einiger Briefe an
Erasmus von Rotterdam anstelle einer Unterschrift gesetzt hat.1212
Ferner sind in dem Sammelband Randbemerkungen zu finden, die ich ebenfalls
Cholers Hand zuschreiben möchte.1213 Der Humanist beschränkt sich darin meist auf
das Hervorheben im Text vorkommender Eigennamen am jeweils rechten Seiten-
rand; diese Gepflogenheit ist auch in jenen Teilen des CLM 394 festzustellen, die
nicht aus der Feder Cholers stammen.1214 Der erhaltene Originaleinband aus der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (Holzdeckel mit Lederrücken) ist offenbar etwas
jünger als die von ihm umschlossenen Einzelwerke: Die Blätter wurden an den
Seitenrändern leicht beschnitten, wodurch die handschriftlichen Zusätze nicht mehr
vollständig lesbar sind. Höchstwahrscheinlich erhielt das Buch noch zu Lebzeiten
Cholers seinen Einband, da es eine weitere Besonderheit aufweist: Jemand (vermut-
lich Choler selbst) hat den Band quer über den unteren Schnitt betitelt, wie es auch
die Eigenheit seines Freundes Sigismund Scheufler war.1215 Die Bände waren dem-
1208 Sig.: 4° Polem. 1070; dieser enthält:
1) Liber de sarcienda ecclesiae concordia (Basel 1533),
2) Responsio ad Petri Cursii defensionem, nullo adversario bellacem (Basel 1535),
3) Liber cum primis pius, de preparatione ad mortem, nunc primum et conscriptus et aeditus (Basel 1534),
4) Epistulae aliquot (von und an Erasmus; Basel 1534),
5) De divino et vero numine apologeticon (s. l. e. a.),
6) Cosci et Volsci dialogus ludis Romanis actus (s. l. e. a.).
1209 „Clariss. viro D. Joanni Cholero praeposito Curiensi Gilbertus Cognatus D. Eras. amanuensis D. M.“ Zu
Cognatus (eig. Gilbert Cousin; 1506–1572) siehe Bietenholz, Contemporaries I 350–352, und Allen,
Erasmus-Briefe IX 42–45.
1210 Wer auch immer bezweifeln möchte, dass fol. 223v des CLM 394 mit der oben erwähnten Grab-
inschrift aus Cholers eigener Hand stammt, möge bedenken, dass man wohl kaum einer Person
ein Jahr nach ihrem „Tod“ ein Buch schenkt. Zudem belegen auch einige Briefe Cholers aus
späterer Zeit, dass er im Jahr 1534 noch am Leben war.
1211 1), 2), 3) und 5); vgl. die obige Inhaltsangabe des Sammelbandes.
1212 Vgl. die Nummern 170, 204, 205, 207, 209, 218 und 227 bei Förstemann/Günther, Briefe an Eras-
mus. Ein Vergleich der genannten Druckschriften aus Cholers Besitz mit seinen Originalbriefen
ist nicht mehr möglich, da die handschriftliche Sammlung (Sig.: Ms 0331m) von der Universi-
tätsbibliothek Leipzig als einer „ihrer wenigen und, wenn Verluste vergleichbar wären,
schwersten Kriegsverluste“ beklagt wird (Brief vom 13.5.1997).
1213 Das Apologeticon (5) weist außer Cholers Hand noch eine weitere aus dem 16. Jh. auf; von dieser
wurden auf jeder Seite Kopfzeilen, Kustoden und Seitenzahlen nachgetragen, was bei den ande-
ren Teilen in gedruckter Form vorhanden ist.
1214 Vgl. die Beschreibung der Handschrift in Kap. 9.2.1.
1215 Dieser Umstand ermöglichte u. a. die Rekonstruktion von Scheuflers Büchersammlung, die ohne
Verzeichnis in die Dombibliothek von Freising gekommen ist; siehe Karl Schottenloher, Der Frei-
singer Domherr und Humanist Dr. Sigismund Scheufler (1475–1522). Ein Beitrag zur Geschichte der
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548