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272 | Johannes Choler
nach mit dem Rücken nach oben in den Regalen aufgestellt. Die Möglichkeit, dass
der Erasmus-Sammelband von Choler in Scheuflers Besitz und somit auch zu der
auffälligen Beschriftung gekommen ist, fällt aus, da dieser bereits 1522, also viele
Jahre vor dem Erscheinen der betreffenden Werke verstorben ist.
Johannes Choler war nicht nur mit dem Privatsekretär des Erasmus von Rotterdam
bekannt, sondern stand auch mit ihm selbst in regem Briefkontakt. Erhalten geblie-
ben sind davon 14 Briefe von Choler und 12 von Erasmus aus der Zeit von 14. Juli
1529 bis 31. August 1535.1216 In den meist langen und ausschweifenden Briefen ist
dem Zeitgeist entsprechend die religiöse Frage zentrales Thema. In dieser Diskussion
erwies sich Choler als Angehöriger des streng konservativen (katholischen) Lagers.
Auch versuchte er nahezu unermüdlich, bei Erasmus gegen Luther Stimmung zu
machen, wobei er sich mitunter einer sehr derben, sogar ordinären Ausdruckweise
bediente.1217 Erasmus dürfte durch eine derartige Vorgangsweise jedoch nicht
unangenehm berührt gewesen sein, sondern Choler vielmehr stets sehr große Ach-
tung entgegengebracht haben.1218 Dafür spricht auch die Tatsache, dass Erasmus
seine Übersetzung von Duae homiliae divi Basilii de laudibus ieiunii dem Augsburger
Freund gewidmet hat.1219 Zu einer persönlichen Begegnung zwischen den beiden
Männern dürfte es nie gekommen sein, nicht zuletzt weil der Versuch Cholers,
Erasmus im Interesse von Anton Fugger zum Umzug in seine Stadt zu bewegen,
fehlgeschlagen ist.1220
Freisinger Dombibliothek, in: Josef Schlecht (Hrsg.), Wissenschaftliche Festgabe zum 1200jährigen
Jubiläum des Hl. Korbinian, München 1924, 376–402, bes. 383–402.
1216 Sämtliche Briefe sind in der Edition des Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami von Percy
Stafford und Helen Mary Allen (Oxford 1906–1958) enthalten: Nr. 2195, 2269, 2308, 2331, 2384,
2406, 2415, 2437, 2438, 2470, 2505, 2565, 2617, 2627, 2728, 2814, 2868, 2906, 2936, 2937, 2947, 2953,
2983, 2993, 3032, 3050 (fettgedruckte Nummern bezeichnen die von Choler geschriebenen
Briefe). Drei autographe epistolae Erasmianae an Johannes Choler werden in Wien aufbewahrt:
CVP 9737c, fol. 6r–10v; vgl. dazu Horawitz, Erasmiana I 443–449. Die Bemerkung „respondi
5. Mai 1530“ in Erasmus’ Brief vom 13. des Vormonats stammt – wie Horawitz nur vermuten
konnte – mit Sicherheit aus Cholers Hand und gibt einen Hinweis darauf, dass der Briefwechsel
zwischen den beiden Humanisten nicht vollständig erhalten geblieben ist: Die fragliche Antwort
Cholers ist heute ebenso verloren wie ein Schreiben seines Korrespondenzpartners, auf das er in
seinem Brief vom 2. Februar 1530 (Allen, Erasmus-Briefe VIII, Nr. 2269, Z. 5) Bezug nimmt.
Überdies fehlen die beiden Briefe Cholers, die dem ersten erhaltenen Schreiben von Erasmus
(Allen, Erasmus-Briefe VIII, Nr. 2195) vorausgegangen sind.
1217 Dazu besonders Horawitz, Erasmiana I 417–419.
1218 Siehe z. B. Allen, Erasmus-Briefe XI, Nr. 3036, Z. 106–116 (Adressat ist Bischof Christoph von
Stadion, der neben Anton Fugger und Johannes Paungartner zu seinen und Cholers engsten
Freunden in Augsburg zählte) und Allen, Erasmus-Briefe X, Nr. 2879, Z. 42–43, wo Choler von
Erasmus nivei pectoris amicus genannt wird.
1219 Das betreffende Vorwort der 1532 in Freiburg erschienenen Ausgabe ist bei Allen, Erasmus-Briefe
IX, Nr. 2617 als Brief abgedruckt.
1220 Cholers Brief ist nicht erhalten, wohl aber die zugehörige Antwort (Allen, Erasmus-Briefe VIII,
Nr. 2195) vom 14. Juli 1529, in der Erasmus ausführlich auf den Inhalt des erhaltenen Schreibens
eingeht. Vgl. auch E[rich] Fink, Mitteilungen über Beziehungen der Fugger zum Humanismus, in:
ZSchN 21 (1894) 55–56.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548