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362 | Johannes Fuchsmagen
Peutingers etwas jüngerer Cod. H 24 hat sich in der Untersuchung gleichsam als sein
Handexemplar dargestellt, in das er offensichtlich sofort nach Erhalt die jeweils
übermittelten Inschriftenkopien eingefügt hat.1639 In diesem bunt gemischten Codex
sind die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ in drei Abschnitten enthalten1640, was auf
eine Aufnahme in entsprechenden Tranchen hinweist. In der Art und Weise, wie
diese Inschriften im Cod. H 24 angeordnet sind, liegt jedenfalls ein Hinweis darauf,
dass Peutinger diese in einer frühe(re)n Phase humanistischer Sammeltätigkeit in
seine Sammlung aufgenommen hat, was auch durch das Fehlen der Inschrift CIL
III 5671 aus Lauriacum bestätigt wird. Diese hätte nach Mommsens Kriterien
eigentlich nicht zu den „Antiquus-Austriacus-Abschriften“ gezählt werden dürfen,
sondern zu deren Erweiterung gerechnet werden müssen, da sie nur von Choler und
Apianus/Amantius überliefert wird.1641 Die übrigen vier Inschriften, die nach
Mommsen erst später hinzu gekommen sind1642, präsentiert Peutingers Codex
dennoch, aber ein paar Blätter weiter hinten – unter den sogenannten Augusti-
niana.1643 Weitere vier Inschriften aus dieser Gruppe finden bereits unter den
„Antiquus-Austriacus-Inschriften“ in einem vorderen Abschnitt der Handschrift
Erwähnung1644, wiederum zwei davon1645 tauchen bei Peutinger ein drittes Mal auf,
und zwar in jenem Abschnitt, wo er von einer frühen Fassung der Tyfernus-
Abschriften abhängt.1646 Derartige Mehrfachbelege bei Peutinger überraschen nur
noch wenig, denn auch im vorliegenden Fall waren die Römerfunde um die Wende
vom 15. zum 16. Jahrhundert an damals zentralen Begegnungsstätten postiert
(Friedhof bei der Pfarrkirche, Dominikaner- bzw. Minoritenkloster).1647 Es verstärkt
sich jedoch der bereits geäußerte Verdacht, dass es sich bei den „Augustiniana“
analog zu den „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ um zirkulierendes Inschriften-
material handelt, wobei nicht grundsätzlich auszuschließen ist, dass Augustinus
Tyfernus in irgendeiner Form an den Abschriften beteiligt war.1648
Die dargelegten Sachverhalte illustrieren deutlich die Komplexität des humanisti-
schen Netzwerkes und der Überlieferungssituation der norischen (und oberpanno-
nischen) Inschriften bei Konrad Peutinger. Soviel ist indes als sicher zu betrachten: Es
waren bald nach Einsetzen einer intensiveren Sammeltätigkeit in unserem Raum um
1639 Siehe Kap. 8.1.
1640 SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 55rb–56ra, fol. 57ra–58va, fol. 61ra–61rb.
1641 Vgl. Tab. 12.12 (Anhang).
1642 CIL III 5154, 5262, 5234 und 4071.
1643 SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 66vb–67vb. Siehe dazu Kap. 8.3.2.
1644 CIL III 4030, 4041, 4056 und 4075; siehe Tab. 12.8 (Anhang).
1645 CIL III 4041 und 4056.
1646 Vgl. Kap. 8.3.1.
1647 Vermutlich nach dem Lauf des Flusses Drau als „monasterium superius“ bzw. „inferius“ bezeichnet.
Während in Peutingers Cod. H 24 bei CIL III 4075 diese wesentliche Zusatzbezeichnung verloren
ging (fol. 58va,1: „In Petaw in Monasterio“), ist sie bei CIL III 4041 und 4056 vorhanden (fol. 58ra,8–9:
„In Petaw ad Monasterium Superius“ bzw. „Eodem Monasterio“). Im Prager Codex verhält es sich
genau umgekehrt: Dort fehlt sie bei dem erstgenannten Kloster, d. h. die Ortsangaben zu CIL
III 4041 und 4056 lauten lediglich „Pet. in Monasterio“ bzw. „Petov. iuxta Monasterium“, unmittelbar
gefolgt von CIL III 4075 mit der eindeutigen Lokalisierung „In Monasterio inferiori eiusdem Civitatis“
(CP XIII G 14, fol. 192r).
1648 Siehe auch Kap. 8.3.2.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548