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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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interpretiert werde, könne diese Schrift als philosophische Monographie cha-
rakterisiert werden „despite its author’s lack of bona fide philosophical cre-
dentials. (Well, as the saying goes, it doesn’t take a jockey to know a horse.)“5
Da die analytische Kunsttheorie überwiegend sprachkritisch ausgerichtet ist
und spezielle Probleme erläutert, was scheinbar lediglich die exaktere Kennt-
nis der aktuellen Debatten nötig macht – am historischen Bezugsrahmen von
bestimmten Überlegungen ist ihr meist nicht wirklich gelegen – wirkt diese
erste skizzierte Trennlinie absolut logisch (Kap. 5.1).6 Damit wird auch die
defizitäre Forschung zu Hanslicks Bedeutung für die gegenwärtige Musikphi-
losophie weitgehend verständlich, deren Vertreter für historische Thematiken
nur peripheres Interesse aufbringen.7
Die zweite, primär sprachliche Separation beruht sodann auf dem philologi-
schen, geschichtlichen und ideenhistorischen Erkenntnisinteresse, das im deut-
schen Sprachraum dominiert, und der soziokulturellen Verfahrensweise, die in
der ‚englischen‘ Forschung besonders verbreitet ist. Wenn sich ‚deutsche‘ Arbei-
ten zu Hanslicks VMS-Traktat vor allem seiner nuancierten Einreihung in das
ästhetische Diskursfeld des 19.Â
Jahrhunderts vom Deutschen Idealismus und dem
romantischen Musikdenken bis hin zu frühen Spuren von späteren zentralen
Methoden – Empirismus, Positivismus, Phänomenologie etc. – intensiv wid-
men, hat die ‚englische‘ Forschung weitreichende soziologische Ansatzpunkte
erschlossen, die sich etwa mit der jüdischen Herkunft Hanslicks und mit seinem
ethnischen Hintergrund als ‚deutscher Tscheche‘ befassen. Neben Geoffrey Pay-
zants Eduard Hanslick and Ritter Berlioz,8 der die Prager Jugend Hanslicks einge-
hend beleuchtet, hat vor allem Brodbecks Forschung zur kritischen Tätigkeit
Hanslicks bezüglich AntonÃn Dvořák, BedÅ™ich Smetana und Karl Goldmark
zweifellos aufgezeigt, wie die ethnische Formation von Hanslicks Biographie
seine betreffenden Rezensionen prägen konnte.9 Es soll hier auch durch einen
5 Peter Kivy, Antithetical Arts: On the Ancient Quarrel Between Literature and Music, Oxford
2009, S. 53.
6 Siehe hierzu vorerst: Karlheinz Lüdeking, Analytische Philosophie der Kunst. Eine Einfüh-
rung, München 1998, S. 17f. und 74f.
7 Als wichtige Ausnahme siehe aber etwa: Philip Alperson, „Englischsprachige Philoso-
phie der Musik. Ein Blick von Irgendwo“, übers. von Amelie Stuart, in DZP 57/6 (2009),
S. 879–884.
8 Geoffrey Payzant, Eduard Hanslick and Ritter Berlioz in Prague: A Documentary Narrative,
Calgary 1991.
9 Siehe dazu etwa seine folgenden Analysen: „Dvořák’s Reception in Liberal Vienna:
Lang uage Ordinances, National Property, and the Rhetoric of ‚Deutschtum‘“, in JAMS
60/1 (2007), S. 71–132; „Hanslick’s Smetana and Hanslick’s Prague“, in JRMA 134/1
(2009), S. 1–36; „‚Poison-Flaming Flowers from the Orient and Nightingales from Bay-
reuth‘: On Hanslick’s Reception of the Music of Goldmark“, in Grimes/Donovan/Marx,
Rethinking Hanslick (wie Anm. 4), S. 132–159.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423