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1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat
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fundierte Textdeutung außerordentlich verkomplizieren. Hierzu tragen eben-
so das sozusagen eklektische Verfahren Hanslicks sowie seine Angewohnheit
bei, ehedem verfasste Passagen mehrmals zu benutzen und sie in gerade aktu-
elle Schriften unauffällig einzubauen.18
Hier kann man gar eine regelrechte ‚Montage-Technik‘ konstatieren, die
nicht allein spätere Auflagen (Kap.Â
2.1),19 sondern zugleich die früheste Fassung
von Hanslicks VMS-Traktat betrifft20 sowie neben einzelnen Textstellen
etwa auch die komplizierte Entstehung der vollständigen Abhandlung ein-
geschlossen hat. Obwohl betreffs der tatsächlichen Werkgenese noch immer
relativ wenige erwiesene Einsichten vorliegen, ist schon länger bekannt, dass
drei Kapitel von Hanslicks VMS-Traktat verfrüht gedruckt wurden, was
wohl durch Norbert Tschulik erstmals entdeckt worden ist.21 Hanslicks Essay
„Ueber den subjektiven Eindruck der Musik und seine Stellung in der Aesthe-
tik“, der in den Österreichischen Blättern für Literatur und Kunst am 25.07., 01.08.
und 15.08.1853 erschienen ist, konvergiert prinzipiell mit den späteren Kapi-
teln vier und fünf, sein Text „Die Tonkunst in ihren Beziehungen zur Natur“
(13.03.1854) mit dem sechsten Abschnitt.22 Einzelne Forscher, die das vorzei-
tige Erscheinen überhaupt registriert haben, waren darin uneins, ob Hanslicks
Aufsätze als tatsächliche Vorabdrucke oder nicht doch als die früheste präsente
Keimzelle von Hanslicks VMS-Traktat gelten sollten. Während Payzant insis-
tierte, dass „both instalments and book were typeset from one and the same
18 Payzant, Sixteen Lectures (wie Anm. 12), S. 137; Christoph Landerer, „Eduard Hanslick
und die österreichische Geistesgeschichte“, in Antonicek/Gruber/Landerer, Hanslick zum
Gedenken (wie Anm. 10), S. 55–63, hier S. 62.
19 Für den vermutlich wichtigsten Beispielfall – der teilweisen Übernahme aus Zimmer-
manns Buchrezension – siehe vor allem: Hartmut Grimm, Zwischen Klassik und Positivis-
mus. Zum Formbegriff Eduard Hanslicks, Dissertation Humboldt-Universität Berlin 1982,
S. 87 und 94f. Zum kontextuellen Zusammenhang siehe etwa auch: Christoph Landerer,
„Eduard Hanslicks Ästhetikprogramm und die österreichische Philosophie der Jahrhun-
dertmitte“, in ÖMZ 54/9 (1999), S. 6–20.
20 Dietmar Strauß, „Die Geburt der Ästhetik aus der Kritik? Hanslicks ‚Vom Musikalisch-
Schönen‘ im Umfeld seiner frühen Rezensionen“, in ders., Hanslick Schriften (wie
Anm. 16), Bd. 2, S. 391–402, hier S. 394.
21 Norbert Tschulik, „Neues zur Ästhetik und Kritik von Eduard Hanslick“, in ÖMZ 34/12
(1979), S. 601–610. Schäfke kannte selbige nicht: Eduard Hanslick und die Musikästhetik,
Leipzig 1922, S. 7. Vgl.: Alexander Wilfing, „Richard Wagner in Eduard Hanslicks
Schriften: Wagnerismus und Wagnerkultus“, in MusAu 31–32 (2014), S. 155–175, hier
S. 161f.
22 Dietmar Strauß, Eduard Hanslick. Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der
Ästhetik in [sic] der Tonkunst. TeilÂ
2: Eduard Hanslicks Schrift in textkritischer Sicht, Mainz u.a.
1990, S.Â
66; ders., „Geburt der Ästhetik“ (wie Anm.Â
20), S.Â
394. Strauß notiert hierbei die
unterschiedlichen Formulierungen der jeweiligen Versionen: ders., Hanslick Schriften (wie
Anm. 16), Bd. 2, S. 257f. und 313–315.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423