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1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie
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Hanslick hierzu einige Artikel für die Neue Freie Presse, wobei „Grillparzer
und die Musik“ (05.09., 07.09., 08.09.1877) und „Franz Grillparzer als Musiker“
(03.06.1888) besonders relevant scheinen.142 Obwohl Hanslick, der gemäß eige-
ner Aussage den engeren Kontakt mit dem von ihm verehrten Literaten unter-
ließ,143 diese verstreuten Aussprüche wohl erst seit den späten 1870er Jahren
kannte und Grillparzers Aphorismen sich auch nicht stets mit Hanslicks Argu-
ment decken,144 kann ihre teilweise frappante Analogie mit der grundsätzli-
chen kunstpolitischen Atmosphäre Österreichs erklärt werden,145 die für die
ausgeprägte Ähnlichkeit der voneinander unabhängig entstandenen Konzepti-
onen verantwortlich war.146 Wenngleich Grillparzer somit nicht als förmliche
Textquelle von Hanslicks VMS-Traktat gefasst werden kann, war die verspä-
tete Entdeckung von Grillparzers Aphorismen für die ‚deutsche‘ Hanslick-For-
schung trotz allem wichtig und stellt einen weiteren Baustein der umfassenden
Erschließung von Hanslicks Kontexten dar.
Wichtige Beiträge hierfür wurden dann auch von Dietmar Strauß geleistet,
welcher Hanslicks VMS-Traktat kritisch edierte sowie einen entsprechenden
Kommentarband veröffentlichte, der die Hanslick-Rezeption im gesamten
deutschen Sprachraum detailliert erforscht. Damit wurde auch Herbart aber-
mals präsenter, der mit Strauß’ Arbeit die frühere Stellung als wichtigste Text-
quelle von Hanslicks Argument neuerdings einnehmen konnte. Strauß’ These
beruht primär auf dem schnellen Verfahren von Hanslicks Habilitation im
Jahr 1856, mit der er an der Wiener Universität die noch nicht existente Dis-
142 Eduard Hanslick, Die moderne Oper 2. Musikalische Stationen, Berlin 1880, S. 331–361;
Moderne Oper 5 (wie Anm.Â
79), S.Â
269–278. Vgl.: Hanslick, Aus meinem Leben (wie Anm.Â
17),
S. 409–432.
143 Ebda., S. 184.
144 Zu erheblichen Differenzen dieser beiden Autoren vgl.: Hartmut Grimm, „Die Musikan-
schauungen Franz Grillparzers und Eduard Hanslicks. Geistesverwandtschaft und Dis-
tanz“, in BzMw 24/1 (1982), S.Â
17–30; Dieter Borchmeyer, Richard Wagner. Ahasvers Wand-
lungen, Frankfurt/Leipzig 2002, S.Â
392–407; ders., „Hanslick und Grillparzer – ‚oder über
die Grenzen der Musik und Poesie‘“, in Antonicek/Gruber/Landerer, Hanslick zum
Gedenken (wie Anm. 10), S. 113–122.
145 Grimm, „Grillparzer und Hanslick“ (wie Anm. 144), S. 29; Matthias Tischer, Ferdinand
Hands ‚Aesthetik der Tonkunst‘. Ein Beitrag zur Inhaltsästhetik der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts, Sinzig 2004, S. 87; Alexander Wilfing, „Kant und die deutsche Romantik bei
Schriftstellern im Österreich des 19. Jahrhunderts“, in Waibel, Umwege (wie Anm. 43),
S. 275–278; ders., „Musik, Maß, Genie. Grillparzers Verhältnis zur (Musik-)Ästhetik
Kants“ (i.Dr.).
146 Zu Hanslick und Grillparzer siehe etwa auch: Abegg, Eduard Hanslick (wie Anm. 41),
S. 16–18; Hermann Danuser, Musikalische Prosa, Regensburg 1975, S. 33–50; Blaukopf,
Empiristische Musikforschung (wie Anm. 90), S. 108–112; Barbara Boisits, „Grenzen der
Kunst und die Metaphysik der Tonkunst. Über Musikanschauung und Musikästhetik in
Österreich“, in Acham, Geschichte (wie Anm. 47), Bd. 6.2, S. 207–249, hier S. 226–228.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423