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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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Hanslick- Rezeption bei Halm254 und Kurth255 überwiegend gleichzeitig ange-
geben wird.256 Blumes Aufsatz kann hier erneut genutzt werden, um die kur-
sorische Disposition dieser sporadischen Randnotizen zur Hanslick-Rezeption
darzulegen, die zweifellos bezeugen, dass sich eine systematische Unter-
suchung der Wirkungsgeschichte von Hanslicks Argument noch nicht finden
lässt: Für Blume ist klar, dass Hanslicks VMS-Traktat „eine neue Richtung
autonom-musikalischer Anschauungsweise begründet hat, die über Pfitzner,
Halm, Kretzschmar, Riemann, Abert, Kurth u.a. weitergewirkt und in der
musikwissenschaftlichen Methodik der Gegenwart ihre breiteste praktische
Verwirklichung gefunden hat“.257 Wieso, wann, wie und in welchem genauen
Ausmaß die genannten Individuen von Hanslicks Hypothese geprägt worden
waren, ist von ihm nirgends erläutert worden.
Diese ziemlich dürftigen Ergebnisse zur Hanslick-Rezeption in der
deutschsprachigen Musikwissenschaft weichen hierbei von einem regen Inter-
esse der osteuropäischen Geistesgeschichte ab, die die Bedeutung Hanslicks für
die autochthone Fachgeschichte wesentlich gründlicher untersuchte. Landerer
hat auf die Prager Wurzeln von Hanslicks VMS-Traktat nachdrücklich hinge-
wiesen und dabei dessen regionale Wirkung von der Prager Formal-Ästhetik
um Hostinský bis hin zum tschechischen Strukturalismus diskutiert, Personen
und Gruppen also, die Hanslicks Positionen wegen ihrer Herbart’schen Ori-
entierung affirmativ aufnahmen.258 Dieser Einfluss ist wenig später von Fukač
254 Siehe hierzu primär Rothfarbs Forschung: „Hermeneutics and Energetics: Analytical
Alternatives in the Early 1900s“, in JMT 36/1 (1992), S. 43–68, hier S. 46, 56 und 61; ders.,
August Halm: A Critical and Creative Life in Music, Rochester/Woodbridge 2009, S. 19, 59
und 169. Vgl.: Schäfke, Eduard Hanslick (wie Anm. 21), S. 26; ders., Geschichte (wie
Anm. 39), S. 395; August Halm. Von Form und Sinn der Musik. Gesammelte Aufsätze, hrsg.
von Siegfried Schmalzriedt, Wiesbaden 1978, S. 9.
255 Breitkreutz, Eduard Hanslick (wie Anm. 39), S. 124; Wolfgang Suppan, „Franz Liszt zwi-
schen Friedrich von Hausegger und Eduard Hanslick. Ausdrucks- contra Formästhetik“,
in SMASH 24/1–2 (1982), S. 113–131, hier S. 115; Lee A. Rothfarb, Ernst Kurth as Theorist
and Analyst, Philadelphia 1988, S. 190 und 212; Lars Ole Bonde, „Music Analysis and
Image Potentials in Classical Music“, in NTM 6/2 (1997), S. 121–128, hier S. 126f.; Daniel
Lettgen, „… und hat zu retten keine Kraft.“ Die Melancholie der Musik, Mainz u.a. 2010,
S. 259.
256 Dahlhaus, Absolute Musik (wie Anm. 52), S. 35 und 124f.; Christian Kaden, Musiksoziolo-
gie, Berlin 1984, S. 168; Grey, Musical Prose (wie Anm. 107), S. 20; Köhler, Natur und Geist
(wie Anm. 107), S. 16f.; Nicholas Cook, Beyond the Score: Music as Performance, Oxford/
New York 2013, S. 77; Matthew Pritchard, „‚A Heap of Broken Images‘? Reviving
Austro- German Debates over Musical Meaning, 1900–1936“, in JRMA 138/1 (2013),
S. 129–174, hier S. 145f.; Bonds, Absolute Music (wie Anm. 31), S. 252.
257 Blume, „Hanslick, Eduard“ (wie Anm. 168), Sp. 1485.
258 Landerer, „Bolzano, Hanslick, Objektivismus I“ (wie Anm.
138), S.
16. Zur Prager Ästhe-
tik und der dortigen Relevanz Herbarts siehe etwa auch: Jäger, „Weg in die Moderne“
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423