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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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dynamischen Spiegelungen sogleich begrenzt werden, weil eine musikalische
Eigenschaft einen Ă€uĂerlichen Gegenstand keinesfalls verbindlich ausdrĂŒcken
könne, wie von Gurney anhand der simplen Differenz von âforteâ und âpianoâ
erklĂ€rt wird.680 Gurney spricht hierbei von âthe effects of marked âfortesâ and
âpianosâ, which suit all sorts of musical motions, without its being possible to
class them as belonging to, much less as constituting, separate and definable
emotional charactersâ.681 WĂ€hrend âForteâ-Stellen in gleichem AusmaĂ mit
Fröhlichkeit und Traurigkeit assoziiert werden können, passen âPianoâ-Stellen
mit Emotionen wie Leidenschaft, Aufregung und Hastigkeit, oder auch mit
bedÀchtigen Schlafliedern zusammen. Einige Seiten spÀter wird diese funda-
mentale EinschrĂ€nkung von Gurney nochmals artikuliert: âIt is clearly impos-
sible, however, to lay down rules assigning such and such harmonies to such
and such emotional effects, as the same actual harmonic features, in connection
with different forms, may intensify quite different sorts of expressiveness.â682
Dass Gurneys Konzept folglich keinerlei definitive Hypothese zur Verbindung
von GefĂŒhl und Musik anbietet, betonte dann auch Budds Studie Music and
the Emotions, wo Gurneys âhabit of freely moving between the idea that music
expresses an emotion if it awakens the emotion and the idea that music expres-
ses an emotion if it suggests the emotionâ kritisch sondiert wird, zumal dieses
Schwanken Gurneys Ăsthetik zusĂ€tzlich verunklare.683 Dieser Mangel eines
systematischen GefĂŒhlsmodells kann aber damit erklĂ€rt werden, dass Gurney
dieses nicht als relevanten Bestandteil seiner Àsthetischen Theoriebildung sah
und es also auch nicht detailliert entwickelt hat.
Denn neben seiner kategorisch subjektiven Ausrichtung, die Gurney letzt-
lich verleitet, die sprachliche Beschreibung der musikalischen Komposition
als âan attempt as hopeless as to write English with the letters x y zâ aufzu-
fassen,684 war musikalische ExpressivitĂ€t fĂŒr ihn ein nur sekundĂ€res PhĂ€no-
men, das den wirklichen Kernpunkt seiner theoretischen Untersuchung nicht
voll traf. Dieser wurde von der sicherlich verwandten, aber dennoch separaten
Thematik gebildet, wie Àsthetische Beurteilung prinzipiell beschaffen sei, also
genau welche spezifischen Musikelemente dafĂŒr sorgen, dass eine bestimmte
keine GefĂŒhle erzeugt, ja wenn es weder geschaut noch betrachtet wird; also zwar nur fĂŒr
das Wohlgefallen eines anschauenden Subjects, aber nicht durch dasselbeâ VMS, S. 26.
680 Zur ausgeprĂ€gt subjektiven Ausrichtung von Gurneys Ăsthetik siehe etwa auch: Gatens,
âMusical Criticismâ (wie Anm. 624), S. 29; Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663),
S. 54â56; Sharpe, Philosophy Introduction (wie Anm. 444), S. 23f.
681 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 321. Vgl.: ebda., S. 350â359.
682 Ebda., S. 324. Vgl.: Budd, âGurneyâ (wie Anm. 629), S. 377.
683 Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663), S. 65.
684 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 336.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423