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Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
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4.1. Die Wiege des Ă€sthetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 195 sen. Dies zeigt sich schon daran, dass noch immer unklar ist, ob Hanslick die Werke Kants jemals studiert hat, den er in der Ă€sthetischen Abhandlung neben Rousseau, Herbart, Hegel und anderen Denkern nur als ‚gewichtige Stimme‘ bezeichnet, die ‚reine‘ Musik als ‚inhaltlos‘ betrachtet (VMS, S.  160). Dass Kants Lehre bis zum Jahr 1860 vom österreichischen Bildungssystem weitestgehend ausgeschlossen war, offiziell lediglich polemisch behandelt werden durfte und die fortdauernde Privilegierung der ‚Leibniz-Wolff’schen Popularphilosophie‘ bedacht werden sollte, die erst viel spĂ€ter durch ‚positivistische‘ Theoriemo- delle (Herbart, Bolzano, Brentano) ergĂ€nzt wurde, ist bereits erörtert worden (Kap.  1.2 und Kap.  1.3).954 Der Verlust von Hanslicks Nachlass (Kap.  1.1) sorgte zudem dafĂŒr, dass auch eine private LektĂŒre der Kant’schen Urteilskritik, die durchaus möglich gewesen wĂ€re, nicht belegt werden kann und gĂ€nzlich spe- kulativ bleiben muss. Payzant warnte daher vor ĂŒbereilten Annahmen zu theo- retischen Konvergenzen zwischen diesen beiden Autoren: „we have neither internal nor collateral evidence upon which to make a positive claim for an influence from the one to the other.“955 Aufgrund ungĂŒnstiger historischer Bedingungen, die schlichtweg unmög- lich machen, Hanslicks Kenntnis von Kants Kritik letztgĂŒltig abzuklĂ€ren, muss also ein direkter Vergleich dieser beiden Autoren bemĂŒht werden, wel- cher zentrale Parallelen ihrer Ă€sthetischen Paradigmen klĂ€ren sollte. Die sicherlich deutlichste Ähnlichkeit ist die verwandte Konzeption der Ă€stheti- schen Wahrnehmung und des ‚Schönen‘. Die Kant’schen Attribute des reflek- tierenden Geschmacksurteils sind hier besonders sprechend: 1.  interesseloses Wohlgefallen, 2.  das, „was ohne Begriff allgemein gefĂ€llt“, 3.  „ZweckmĂ€ĂŸig- keit ohne Zweck“ und 4.  das, „was ohne Begriff als Gegenstand eines notwen- digen Wohlgefallens erkannt wird“.956 Ohne Kants sorgfĂ€ltige Separation der Ă€sthetischen Beurteilung vom ‚Angenehmen‘ und ‚Moralischen‘ ausdrĂŒcklich aufzugreifen – der letzte Punkt der subjektiven UniversalitĂ€t des reflektie- renden Geschmacksurteils, der fĂŒr Kants These zum sensus communis essentiell ist (§20 und §40), ist fĂŒr Hanslick komplett belanglos –, definiert Hanslicks VMS-Traktat die Ă€sthetische Schönheit vergleichbar: „Das Schöne hat ĂŒber- haupt keinen Zweck, denn es ist bloße Form, welche zwar nach dem Inhalt, mit dem sie erfĂŒllt wird, zu den verschiedensten Zwecken verwandt werden 954 FĂŒr einen dichten Überblick vergleiche neuerlich: Sauer, „Kritik“ (wie Anm.  44); ders., „Verhinderte Kanttradition“ (wie Anm.  92); Feichtinger, Reflexives Projekt (wie Anm.  43), S.  151–161. Siehe dazu auch: Wilfing, „Philosophie“ (wie Anm.  43); „Kant-Rezeption“ (wie Anm.  43); „Kant-Zensur“ (wie Anm.  43). 955 Hanslick/Payzant, Musically Beautiful (wie Anm.  31), S.  XVI. 956 FĂŒr die vier Punkte vergleiche prinzipiell: Kant, Kritik der Urteilskraft (wie Anm.  40), S.  58 (§5, A211), 70 (§9, A219), 93 (§17, A236), 99 (§22, A240).
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Re-Reading Hanslick's Aesheticts Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Title
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Subtitle
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Author
Alexander Wilfing
Publisher
Hollitzer Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-526-7
Size
16.0 x 24.0 cm
Pages
434
Keywords
Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
Category
Biographien

Table of contents

  1. Danksagung 7
  2. Vorwort und Inhalte 9
  3. 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
    1. 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
    2. 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
    3. 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
    4. 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
    5. 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
    6. 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
  4. 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
    1. 2.1. Legendenbildung: die historische Wendung Hanslicks 86
    2. 2.2. Legendenbildung: die emotionale Wendung Hanslicks 98
    3. 2.3. Legendenbildung: die absolute Ästhetik Hanslicks 105
  5. 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
    1. 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
    2. 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
    3. 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
    4. 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
    5. 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
    6. 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
  6. 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
    1. 4.1. Die Wiege des Ă€sthetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 183
    2. 4.2. Hanslick als Feindbild: Bell, Schenker und die ‚New Musicology‘ 205
    3. 4.3. Hanslick, der Formalist: adÀquate Kategorie oder leerer Begriff? 230
  7. 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
    1. 5.1. Was ist analytische MusikĂ€sthetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik 257
    2. 5.2. Musik, GefĂŒhl, Gedanke – das kognitivistische Emotionskonzept 272
    3. 5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur- Theorie 300
  8. Literaturverzeichnis
  9. AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
  10. Quellentexte (Deutsch) 329
  11. Quellentexte (Englisch) 332
  12. Forschungsliteratur 333
  13. Namensindex 423
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