Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Page - 197 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 197 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen

Image of the Page - 197 -

Image of the Page - 197 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen

Text of the Page - 197 -

4.1. Die Wiege des ästhetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 197 philosopher to call attention to disinterested perception“ war.961 Dies betrifft ebenso Hanslicks Annahme, dass Schönheit keinen anderen Zweck als sich selbst hätte, die auf den ersten Blick aus Kants Lehre der zweckfreien Zweck- mäßigkeit hervorgeht und die in Hanslicks VMS-Traktat ohne jede weiter- gehende Argumentation als vermeintliche Grundwahrheit proklamiert wird. Wenn dies auch heute höchst strittig ist, war ein derartiger Standpunkt im 19.  Jahrhundert bereits derart üblich, dass eine detaillierte Begründung oder eine direkte Referenz auf Kants Kritik nicht nötig war, von der sich dieser Ansatz bereits gelöst hatte.962 Ferdinand Hand, dessen Ästhetik der Tonkunst (1837–1841) Hanslick sicherlich bekannt war,963 schrieb hierzu etwa: „Es ist das Kunstwerk sich selbst Zweck; es will und soll überall nur schön seyn.“964 Dies gilt auch für Tieck, der mit der Herausgabe von Wackenroders Phantasien über die Kunst (1799) den romantischen Musikdiskurs entscheidend mitgestal- tete: Musik, so Tieck, „phantasirt spielend und ohne Zweck, und doch erfüllt und erreicht sie den höchsten“.965 Und Karl Philipp Moritz hatte einen solchen Gedanken schon ganze fünf Jahre vor Kants Kritik der Urteilskraft eindeutig formuliert:966 Da das Nützliche seinen Zwek nicht in sich, sondern außer sich in etwas anderm hat, dessen Vollkommenheit dadurch vermehrt werden soll; so muß derjenige, welcher etwas Nützliches hervorbringen will, diesen äußern Zwek bei seinem Werke beständig vor Augen haben. Und wenn das Werk nur seinen äußern Zwek erreicht, so mag es übrigens in sich beschaffen sein, wie es wolle; dies kömmt, in so fern es bloß nützlich ist, gar nicht in Betracht. […] Bei dem Schö- nen ist es umgekehrt. Dieses hat seinen Zwek nicht außer sich, und ist nicht wegen der Vollkommenheit von etwas anderm, sondern wegen seiner eignen innern Vollkommenheit da. Man betrachtet es nicht, in so fern man es brauchen 961 Jerome Stolnitz, „On the Origins of ‚Aesthetic Disinterestedness‘“, in JAC 20/2 (1961), S.  131–143, hier S.  132. Vgl.: ders., „On the Significance of Lord Shaftesbury in Modern Aesthetic Theory“, in PQ 11 (1961), S.  97–113, hier S.  98. Stolnitz’ Theorie wird inzwi- schen skeptischer betrachtet: Dabney Townsend, „Shaftesbury’s Aesthetic Theory“, in JAC 41/2 (1982), S.  205–213, hier S.  211f.; Guyer, Experience of Freedom (wie Anm.  950), S.  48–61; ders., „The Origins of Modern Aesthetics: 1711–35“, in Kivy, Blackwell Aesthetics (wie Anm.  351), S.  15–44, hier S.  27f. 962 Henneberg, Musikalisches Kunstwerk (wie Anm.  107), S.  176. 963 VMS, S.  40 und 149–151; Hanslick, Aus meinem Leben (wie Anm.  17), S.  30. 964 Ferdinand Hand, Aesthetik der Tonkunst, Leipzig 1841, Bd.  2, S.  39. Zu Hands Einfluss auf Hanslick siehe etwa auch: Printz, Würdigung Hanslicks (wie Anm.  107), S.  10f.; Grimm, Prager Zeit (wie Anm.  16), S.  117–137; Bonds, Absolute Music (wie Anm.  31), S.  166–169. 965 Wilhelm Heinrich Wackenroder, Phantasien über die Kunst für Freunde der Kunst, hrsg. von Ludwig Tieck, Hamburg 1799, S.  261. 966 Zu Moritz’ Aufsatz siehe vor allem Dahlhaus, „Karl Philipp Moritz und das Problem einer klassischen Musikästhetik“, in IRASM 9/2 (1978), S.  279–294, der Moritz’ und Kants Lehre als das direkte Resultat des pietistischen Hintergrunds der beiden auslegt.
back to the  book Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen"
Re-Reading Hanslick's Aesheticts Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Title
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Subtitle
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Author
Alexander Wilfing
Publisher
Hollitzer Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-526-7
Size
16.0 x 24.0 cm
Pages
434
Keywords
Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
Category
Biographien

Table of contents

  1. Danksagung 7
  2. Vorwort und Inhalte 9
  3. 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
    1. 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
    2. 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
    3. 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
    4. 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
    5. 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
    6. 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
  4. 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
    1. 2.1. Legendenbildung: die historische Wendung Hanslicks 86
    2. 2.2. Legendenbildung: die emotionale Wendung Hanslicks 98
    3. 2.3. Legendenbildung: die absolute Ästhetik Hanslicks 105
  5. 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
    1. 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
    2. 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
    3. 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
    4. 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
    5. 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
    6. 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
  6. 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
    1. 4.1. Die Wiege des ästhetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 183
    2. 4.2. Hanslick als Feindbild: Bell, Schenker und die ‚New Musicology‘ 205
    3. 4.3. Hanslick, der Formalist: adäquate Kategorie oder leerer Begriff? 230
  7. 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
    1. 5.1. Was ist analytische Musikästhetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik 257
    2. 5.2. Musik, Gefühl, Gedanke – das kognitivistische Emotionskonzept 272
    3. 5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur- Theorie 300
  8. Literaturverzeichnis
  9. Abkürzungsverzeichnis 329
  10. Quellentexte (Deutsch) 329
  11. Quellentexte (Englisch) 332
  12. Forschungsliteratur 333
  13. Namensindex 423
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Re-Reading Hanslick's Aesheticts