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Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
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4.1. Die Wiege des ästhetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 203 tät erzwungen: „Das ‚System‘ macht allmälig der ‚Forschung‘ Platz und diese hält fest an dem Grundsatz, daß die Schönheitsgesetze jeder Kunst untrenn- bar sind von den Eigenthümlichkeiten ihres Materials, ihrer Technik“ (VMS, S.  23). Kants Kritik der Urteilskraft kann diese essentielle Bedingung der spezifi- schen Musikästhetik nach Hanslicks Vorstellung jedoch nicht einmal rudimen- tär befriedigen und hätte daher von ihm als spekulative Philosophie prinzipi- ell verworfen werden müssen. Die zweite, gleich genauer erörterte Differenz von Hanslick und Kant betrifft ebenso methodische Divergenzen und somit basale Probleme, die die elementare theoretische Gegensätzlichkeit dieser bei- den Autoren erhellen. Die sicherlich wichtigste Innovation von Kants Lehre ist die transzendentale philosophische Verfahrensweise: Wie die beiden ersten Kritiken die Bedingung der Möglichkeit von Wissen und Moral eruiert haben, ist die dritte Kritik mit der Bedingung der Möglichkeit der Urteilskraft sowie deren apriorischer Beschaffenheit beschäftigt. Demnach resultiert seine ästhetische Abhandlung aus subjektiver Perspek- tive, was vom ersten Absatz der Kant’schen Urteilskritik bereits belegt wird:984 „Das Geschmacksurteil ist also kein Erkenntnisurteil, mithin nicht logisch, son- dern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjektiv sein kann“ und das „auf das Subjekt und das Gefühl der Lust oder Unlust desselben“ bezogen wird.985 Dieser Punkt, der die allgemeine Ausrichtung von Kants Lehre auf den Punkt bringt, wurde durch Hanslick eindeutig abgelehnt: Die objektive, spezifische Musikästhetik als szientifische Fachrichtung, die der positivistischen Naturwissenschaft methodisch angenä- hert wird (Kap.  2.1), müsste ein solches Vorgehen aufgeben, das „vom subjec- tiven Gefühl ausgeht, um nach einem poetischen Spaziergang über die ganze Peripherie des Gegenstandes wieder zum Gefühl zurückzukehren“. Sie hat dagegen vielmehr „die Regel festzuhalten, daß in ästhetischen Untersuchun- gen vorerst das schöne Object und nicht das empfindende Subject zu erforschen ist“ (VMS, S.  22 und 24). Wie Bonds korrekt festhielt: „Beauty, to Hanslick’s mind, is an intrinsic quality of objects and has nothing to do with percep- tion“986 – ein Satz, der „thoroughly anti-Kantian“ war.987 Für den englischen Sprachraum muss aber betont werden, dass Payzants Fassung diese klare Idee, die mit Kants Kritik keinesfalls kompatibel ist, wesentlich verunklart hat, da er sie als „the principle that the primary object of aesthetical investigation is the 984 Um Fehldeutungen vorzubeugen: Dieser Ansatz von Kants Lehre erscheint subjektiv, nicht aber die ästhetische Beurteilung, die allgemeine Mitteilbarkeit involviert und die den privaten Bereich des vollständig Subjektiven übersteigt. 985 Kant, Kritik der Urteilskraft (wie Anm.  40), S.  47f. (§1, A203–205). 986 Bonds, Absolute Music (wie Anm.  31), S.  188–189. 987 Bonds, „Replies to Critics“ (wie Anm.  449), S.  99.
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Re-Reading Hanslick's Aesheticts Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Title
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Subtitle
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Author
Alexander Wilfing
Publisher
Hollitzer Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-526-7
Size
16.0 x 24.0 cm
Pages
434
Keywords
Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
Category
Biographien

Table of contents

  1. Danksagung 7
  2. Vorwort und Inhalte 9
  3. 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
    1. 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
    2. 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
    3. 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
    4. 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
    5. 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
    6. 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
  4. 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
    1. 2.1. Legendenbildung: die historische Wendung Hanslicks 86
    2. 2.2. Legendenbildung: die emotionale Wendung Hanslicks 98
    3. 2.3. Legendenbildung: die absolute Ästhetik Hanslicks 105
  5. 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
    1. 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
    2. 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
    3. 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
    4. 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
    5. 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
    6. 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
  6. 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
    1. 4.1. Die Wiege des ästhetischen Formalismus? – Kants Kritik der Urteilskraft 183
    2. 4.2. Hanslick als Feindbild: Bell, Schenker und die ‚New Musicology‘ 205
    3. 4.3. Hanslick, der Formalist: adäquate Kategorie oder leerer Begriff? 230
  7. 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
    1. 5.1. Was ist analytische Musikästhetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik 257
    2. 5.2. Musik, Gefühl, Gedanke – das kognitivistische Emotionskonzept 272
    3. 5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur- Theorie 300
  8. Literaturverzeichnis
  9. Abkürzungsverzeichnis 329
  10. Quellentexte (Deutsch) 329
  11. Quellentexte (Englisch) 332
  12. Forschungsliteratur 333
  13. Namensindex 423
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