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5.1. Was ist analytische Musikästhetik? – Bestimmung, Entwicklung, Methodik
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eingeschätzt hat,1329 zog sie aber auch eine eindeutig verstärkte Isolierung
von konkurrierenden Ästhetikdiskursen nach sich, da im Journal of Aesthetics
nun ‚kontinentale‘ Betrachtungen seltener übersetzt erschienen, als das bei
Munro von 1945 bis 1964 der Fall war.1330 Wenn sich ein historischer Wende-
punkt der reservierten Einstellung gegenüber ästhetischen Forschungen über-
haupt feststellen lässt, so könnte man diesen mit William Eltons Anthologie
Aesthetics and Language aus dem Jahr 1954 datieren.1331 Eltons Edition, in der
Passmores „Dreariness“ neuerlich gedruckt wurde, hatte zwar kein gänzliches
Umdenken eingeleitet, kann aber doch als kritische Würdigung der Ästhe-
tik gefasst werden. Eltons Prolog legt eine doppelte Intention nahe: 1. sollten
diverse „aesthetic confusions“ der (vornehmlich idealistischen) Kunsttheorie
mit sprachkritischen Analysemethoden getilgt werden; 2. war das Buch als
belehrendes Sammelwerk gedacht, welches analytischen Philosophen einige
avancierte Fallbeispiele geben sollte, „that may serve as models of analytical
proce dures in aesthetics“.1332 Lamarque hat die analytische Ausrichtung fol-
gendermaßen zusammengefasst: „advance in a piecemeal fashion, avoid gener-
alizations across the arts, look at specific cases, uncover the logical geography
of the concepts, attend to the variety of comments and judgements that critics
make.“1333 Jener Punkt, der für die ‚englische‘ Hanslick-Rezeption besonders
bedeutend war, ist die ausdrückliche Distanzierung vom allgemeinen Kunst-
begriff und die propagierte Aufhebung von essentialistischen Kunstdefinitio-
nen (Kap. 4.2 und Kap. 4.3), wie sie Passmores „Dreariness“ ebenso forderte:
„The alternative [zu ‚pretentious nonsense‘] isn’t subjectivism but an intensive
special study of the separate arts, carried out with […] much respect for real
differences between the works of art themselves. In this sense – art for art’s
sake!“1334 Dies wird auch von Munro belegt, der „specialization“ als notwen-
dige Bedingung der ästhetischen Wissenschaft betrachtete,1335 was Howes auf
die knappe Formel brachte: „Not philosophy only but criticism has stirred up
interest in aesthetic issues.“1336
Wenn diese Kritik an essentialistischen Kunstdefinitionen auch noch keine
analytische Erörterung von separaten Objekten nach sich zog, hat sie doch eine
1329 Silvers, „Letting the Sunshine“ (wie Anm. 1325), S. 137f.
1330 Shusterman, „Aesthetics Between“ (wie Anm. 1003), S. 158f.
1331 Howes, „Musical Aesthetics“ (wie Anm. 1259), S. 75; Lüdeking, Analytische Philosophie
(wie Anm. 6), S. 54; Misselhorn, „Probleme der Ästhetik (I)“ (wie Anm. 1012), S. 503.
1332 Aesthetics and Language, hrsg. von William Elton, Oxford 1954, S. 1.
1333 Lamarque, „British Journal“ (wie Anm. 1325), S. 3.
1334 Passmore, „Dreariness of Aesthetics“ (wie Anm. 1324), S. 335.
1335 Munro, „Aesthetics as Science“ (wie Anm. 1317), S. 170.
1336 Howes, „Musical Aesthetics“ (wie Anm. 1259), S. 76.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Übersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Übersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Übersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423