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5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption
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today“ gefasst worden.1368 Wie lange diese konkretere Ausrichtung der analyti-
schen Kunsttheorie eingefordert werden musste, zeigen auch noch Berys Gaut
und Dominic McIver Lopes, die ihr Routledge Companion to Aesthetics (2001) mit
der Bemerkung „Philosophy has rediscovered aesthetics“ eröffneten und den
Aufstieg der analytischen Kunsttheorie mit der „increased attention to the
practice, history, and criticism“ der spezifischen Kunstformen begründeten:
„Understanding art as a whole depends on an appreciation of the arts individu-
ally and what makes each of them unique.“1369 Dass Hanslicks VMS-Traktat,
der explizit betonte: „wo es sich um das Specifische einer Kunst handelt, [sind]
ihre Unterschiede von verwandten Gebieten wichtiger […], als die Aehnlich-
keiten“ (VMS, S. 98), sich mit der nun spezifischen Orientierung deckt, wurde
schon detailliert erläutert (Kap. 3.5). Mit der materialen Fixierung der analy-
tischen Kunstdebatte ist die ästhetische Erforschung des gesonderten Kunst-
objekts sowie seiner medial distinkten Gattungen wesentlich geworden, wel-
che zuerst literarische Gegenstände, dann aber auch bald ‚reine‘ Musik separat
erfasste und Hanslicks Argument in den Fokus rückte. Denn wenn seine ästhe-
tische Abhandlung in allgemeinen Monographien zum Begriff ‚Beauty‘ von
Mothersill,1370 Sircello1371 oder noch Zemach1372 völlig fehlt und Kirwan1373 ihn
lediglich beiläufig erwähnt,1374 ist Hanslick als Teil der spezifischen Musikäs-
thetik ständig präsent.
Die mutmaßlich erheblichste Schnittstelle kann grob auf das Jahr 1980
datiert werden, das wegweisende Publikationen hervorbrachte, die das ana-
lytische Interesse am Thema ‚Musik‘ ungemein förderten und die inhaltliche
Justierung auf die Frage von Gefühl und Musik langfristig festlegten: Kivys
The Corded Shell: Reflections on Musical Expression, Davies’ „The Expression of
Emotion in Music“ und Budds „The Repudiation of Emotion: Hanslick on
Music“,1375 welcher deutlich machen konnte, warum Hanslicks „nineteenth-cen-
tury formalist arguments“ für die ‚englische‘ Diskussion des 20. Jahrhunderts
1368 Osborne, Historical Introduction (wie Anm. 852), S. 184.
1369 Gaut/Lopes, Routledge Aesthetics (wie Anm. 384), S. XVI.
1370 Mothersill, Beauty Restored (wie Anm. 876).
1371 Guy Sircello, A New Theory of Beauty, Princeton 1975.
1372 Eddy M. Zemach, Real Beauty, University Park 1997.
1373 James Kirwan, Beauty, Manchester/New York 1999, S. 102.
1374 Die mir bekannte Ausnahme ist Zangwills Metaphysics of Beauty, Ithaca/London 2001, wo
Hanslick prominent vertreten ist, was jedoch primär mit Zangwills Aufsätzen zur forma-
len Ästhetik – z.B. „Against Emotion“ (wie Anm. 396) – erklärt werden kann.
1375 Zum anhebenden analytischen Musikdiskurs und der direkten Wirkung von Kivys Buch
siehe etwa auch: Peter Kivy, „Feeling the Musical Emotions“, in BJA 39/1 (1999), S. 1–13,
hier S. 1f.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423