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5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption
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1970er Jahren bildete sich dann auch eine verstärkte Diskussion um die fun-
damentale Beschaffenheit von Affektzuständen sowie deren theoretischer
Unterscheidung aus, in der der kognitivistische Emotionsbegriff als „major
model followed today by psychologists in research“ aufscheint.1416 Wenn eine
terminologische Ãœbereinstimmung im Hinblick auf die essentielle Definition
von Emotionen, Gefühlen, Affekten usw. auch noch aussteht1417 – eine rezente
Arbeit nennt ganze 92 Begriffsvarianten in der psychologischen Spezialfor-
schung1418 –, weshalb mehrere Forscher prinzipiell bezweifeln, dass eine allum-
fassende Emotionstheorie überhaupt erreichbar sei,1419 können trotz allem
wichtige Parameter dieser disparaten Kategorien erfasst werden. Als Basis der
nun folgenden Diskussion kann etwa die begriffliche Einführung des Handbook
of Music and Emotion aus dem Jahr 2010 dienen:1420 1. Affekt ist der universale
Überbegriff für sämtliche ‚evaluative states‘, die als Positiv-Negativ-Reak-
tion subjektiv erfahren werden; 2.Â
Emotionen umfassen hingegen eine knappe,
jedoch intensive ‚affective reaction‘, welche einen intentionalen Gegenstand
hat und von zusätzlichen Komponenten – Handlungsimpuls, Ausdruckstrieb,
Körpergefühl etc. – weitergehend komplettiert wird; 3. Stimmungen können
anhand größerer Zeitdauer und kleinerer Intensität von ‚richtigen‘ Emotionen
getrennt werden und haben zudem keine intentionale Ausrichtung; 4. Gefühl
ist die innerliche Erfahrung der erlebten Emotionen, welche meist eine körper-
liche Wahrnehmung oder auch ‚feeling component‘ beinhaltet.1421
Diese schrittweise entstandene Unterscheidung von Stimmungen, Emotionen
und Gefühlen, die im Jahr 1988 als „truism among philosophers“ charakterisiert
1416 Levinson/Ponzetti/Jorgensen, Human Emotions (wie Anm. 1398), Bd. 1, S. VII.
1417 Francis E. Sparshott, „Music and Feeling“, in JAC 52 (1994), S. 23–35, hier S. 24 und 33;
Davies, „Philosophical Perspectives“ (wie Anm. 1290), S. 171; Aaron Ben-Ze’ev, „The
Thing Called Emotion“, in Goldie, Emotion (wie Anm. 1398), S. 41–62, hier S. 42.
1418 Patrik N. Juslin und John A. Sloboda, „At the Interface Between the Inner and Outer
World: Psychological Perspectives“, in dies., Music and Emotion (wie Anm.Â
1394), S.Â
73–97,
hier S. 74.
1419 Robert C. Solomon, „The Philosophy of Emotions“, in Handbook of Emotions, hrsg. von
Michael Lewis und Jeanette M. Haviland, New York/London 1993, S. 3–15, hier S. 11.
1420 Patrik N. Juslin und John A. Sloboda, „Introduction: Aims, Organization, and Termino-
logy“, in dies., Music and Emotion (wie Anm. 1394), S. 3–12, hier S. 10. Vgl.: Andreas Dor-
schel, „Empfindung, Gefühl, Emotion. Zur Analyse von Bewertungen“, in Mythos Wert-
freiheit? Neue Beiträge zur Objektivität in den Human- und Kulturwissenschaften, hrsg. von
Karl-Otto Apel und Matthias Kettner, Frankfurt/New York 1994, S. 157–173.
1421 Norbert Schwarz und Piotr Winkielman, „Mood“, in Levinson/Ponzetti/Jorgensen,
Human Emotions (wie Anm. 1398), Bd. 1, S. 449–455, hier S. 449; Solomon „Philosophy“
(wie Anm. 1398), S. 512; Patrik N. Juslin, „Emotional Responses to Music“, in Hallam/
Cross/Thaut, Handbook of Psychology (wie Anm. 468), S. 131–140, hier S. 131f.; Ben-Ze’ev,
„Thing Called“ (wie Anm. 1417), S. 54–56; Rinderle, Musik, Emotionen, Ethik (wie
Anm. 443), S. 37–39.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423