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5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur-Theorie
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die komplexe Thematik schlichtweg inadäquaten Arbeitsweise experimentell
nachgewiesen ist.1661
Wie Gabrielsson und Lindström deutlich machen – und wie Pratt gleichfalls
einräumte, aber mit dem beliebten Argument von immer weiter abstrahierba-
ren Gefühlsbegriffen marginalisierte1662 –, sind „free descriptions“ beträchtlich
heterogener als vorgeschriebene Begrifflichkeiten, würden jedoch relevantere
Ergebnisse generieren als „if they merely checked terms in a list. With choice
among descriptive terms, responses may be easier to treat, but will partly be
a product of the given terms.“1663 Dass aber auch vorgegebene Wahloptionen
einen gewaltigen Spielraum bei der emotionalen Beschreibung von Musik offen
lassen, wird von dem angeführten Experiment zu den „six basic emotions“
bewiesen, bei dem Trauer (87%) und Freude (83%) mehrheitlich identifiziert,
jedoch andere ‚repräsentierte‘ Affektzustände seltener ‚korrekt‘ gehört wurden
(Angst 58%, Staunen 47%, Zorn 44%, Ekel 42%).1664 Wenn Autoren keine Opti-
onen von Affekten festlegen, ist – wie die moderne Forschung bestätigt – die
betreffende Schwankung erheblicher: „A crucial question concerns whether
listeners agree on which emotions are expressed in music. Results depend to a
large extent on the methods used. When listeners were asked to provide their
own free descriptions of what the music expressed, a variety of emotions were
reported with considerable interindividual variability.“1665 Das zentrale Pro-
blem der nur kursorisch erörterten empirischen Psychologie ist von Ahonen
treffend benannt worden, welche solche Studien mit Rorschachs Testmodell
gleichsetzte. Im Hinblick auf Ahonens Aussage wird auch das zitierte Beispiel
von Hanslicks ‚Silhouette‘ (VMS, S. 57f.) abermals gewärtig: „The inkblots do
not objectively signify anything, but according to the theory behind the test,
what the subjects see in the blots reveals something about their character.“1666
Wenn man nun den jeweiligen Probanden auch hier vier mögliche Optionen
offeriert, was der ambivalente Tintenfleck kennzeichnet, und die mannigfal-
tigen Zuschreibungen hiermit analog der vorstehenden Versuchsreihe zu den
‚six basic emotions‘ repressiv beschränkt, würden ebenso kohärente Ergebnisse
erzielt werden: „This is because the blots do look more like butterflies, say,
1661 Klaus R. Scherer, „Which Emotions Can Be Induced by Music? What are the Underlying
Mechanisms? And How Can We Measure Them?“, in JNMR 33/3 (2004), S.Â
239–251, hier
S. 240; Erola/Vuoskoski, „Emotion Studies“ (wie Anm. 1660), S. 312.
1662 Pratt, Meaning of Music (wie Anm. 1545), S. 211f. Vgl.: Ball, Music Instinct (wie Anm. 637),
S. 263.
1663 Alf Gabrielsson und Erik Lindström, „The Role of Structure in the Musical Expression of
Emotion“, in Juslin/Sloboda, Music and Emotion (wie Anm. 1394), S. 367–400, hier S. 371.
1664 Mohn/Argstatter/Wilker, „Basic Emotions“ (wie Anm. 1405), S. 509.
1665 Gabrielsson/Juslin, „Emotional Expression“ (wie Anm. 1655), S. 528f.
1666 Ahonen, Musical Communication (wie Anm. 239), S. 93.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423