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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 158 Gewährung von Stipendien, durch Erteilung von Aufträgen und durch Ankäufe für den Staat. In der Folge sollte die Förderung der abgelehnten Secessionisten durch das staatliche Ministerium zum Politikum in Parlament und Öffentlichkeit werden. Nicht nur Minister Hartel, sondern auch seine Beamten der Kunstsektion gerieten unter Beschuss. Schlussendlich musste Hartel im Parlament den Rückzug antreten. Hartels Kunstkenntnisse und sein Kunstsinn waren offenbar durch seine vielen Reisen durch Europa geschult worden, die er in jungen Jahren als Hofmeis- ter der kunstsinnigen Familie Lackoronski-Vitzthum unternommen hatte (so die Aussage des Statthalters von Niederösterreich Kielmansegg, der sich über Hartel nicht eben freundlich äußerte).228 Interessant ist in unserem Kontext die Position der Beamten. Der Kunstreferent Karl von Wiener wird von seinem Untergebenen, dem jungen Ehrhart, als tüchtiger Beamter geschildert, der kultiviert und musisch begabt war. „Sein Departement“, so Ehrhart, „war sozusagen das Athen unter den Städten des Unterrichtsministeriums, aber es war nicht mehr das Athen der klas- sischen Periode, er hatte sich der Sezession verschrieben.“229 Wirklich Feuer und Flamme für die Moderne und Motor der Förderung war der Sektionschef Stadler von Wolffersgrün. Ehrhart dagegen hielt es mit dem Geschmack der kunstlieben- den guten Wiener Gesellschaft, sich „grundstürzenden Neuerungen“ gegenüber misstrauisch zu verhalten. Kein Wunder, dass Ehrhart Klimts Darstellung der Phi- losophie als „mystisch-allegorisches Gewoge in Blau“230 schilderte. Max von Mil- lenkovich-Morold, ein anderer Beamter des „Kunstministeriums“ in dieser Zeit, nur kurz, 1917/18, weil von Kaiser Karl wegen seiner deutschnationalen Gesinnung abgesetzt, Direktor des Wiener Burgtheaters, später Nationalsozialist, tritt ebenfalls als Zeuge für die positive zeitgenössische Kunstpolitik des Ministeriums auf. „Der staatlichen Kunstverwaltung gereichte es zur Ehre, dass sie in einer Zeit, in der sich so viele über das Kühne und Draufgängerische entsetzten, und in der die Staats- ämter im allgemeinen peinlich bemüht waren, das Herkommen und die Überlie- ferung zu schützen, dennoch die Gährung im Kunstleben als etwas Erfreuliches und Erfrischendes begrüßte. Davon, dass nur die alten Herren, die Professoren, im Recht sein könnten, war im Ministerium nie die Rede. Der gebotenen Un- parteilichkeit wegen wurden in die Kunstkommission die Vertreter aller Gruppen und Körperschaften berufen, die in der Öffentlichkeit eine Rolle spielten.“231 Man 228 KIELMANSEGG, Kaiserhaus, Staatsmänner, S. 344. 229 EHRHART, Im Dienste, S. 115 f., zit. auch bei Van HEERDE, Staat und Kunst, S. 73. 230 EHRHART, Im Dienste, S. 120 f. und 117. 231 MILLENKOVICH-MOROLD, Vom Abend zum Morgen, S. 203 und 211.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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