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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 167 gensatz zu ihrem Feind, dem Feudaladel.259 Das mag für diesen Zeitraum im Gro- ßen und Ganzen nicht unrichtig gewesen sein, spätestens mit dem Aufkommen der Massenparteien wird die Zuordnung jedoch schwieriger. Den meisten der Bü- rokraten waren, wie bereits dargelegt, die Kernstücke der bürgerlichen Ideologie, Liberalismus und Nationalismus, sehr wohl vertraut –, doch sahen sie diese als untrennbare Einheit? Manche waren national, ohne den Liberalismus nur in An- sätzen zu kennen, manche waren umgekehrt liberal, ohne nationale Vorlieben zu haben. Konservativ waren wohl die meisten Beamten, wenn es um die Loyalität zu Kaiser und Dynastie ging; und je gefährlicher die Nationalitäten- und Partei- enkämpfe wurden, umso mehr fanden sie Halt an ihrem obersten Dienstherrn – (in der Spätzeit der Monarchie) selbst die meisten adelskritisch eingestellten Sozialdemokraten.260 Selbstverständlich konnte man auch konservativ sein ohne Anhänglichkeit an das Allerhöchste Haus. Außerdem wechselten Beamte – wie auch andere Staatsbürger – ihre Orientierung. Die Bürokraten hatten noch dazu den absoluten Imperativ zu befolgen, „objektiv“ zu agieren, das heißt keine Ge- sinnung (so man eine hatte) nach außen erkennen zu lassen. So können wir nur in seltenen Fällen bei Beamten eine eindeutige parteiliche Ausrichtung diagnostizie- ren. Ausgenommen waren Beamte, die politische Ämter, vor allem Ministerämter, bekleideten (und auch die wie im Fall der Beamtenministerien nicht immer). Nehmen wir allerdings (neben dem Selbstverständnis) andere Kriterien, wie Bildung, kulturelle Gewohnheiten, den Respekt und die Reputation, die man in der Öffentlichkeit den Beamten zollte, zu Hilfe, so dürften wir der Klassifikation der höheren Beamten als bürgerliche Gruppe wohl näher kommen. In ihrer All- tagskultur versuchten alle Ränge der Beamten, bürgerliche Zugehörigkeit, gleich welchen Charakters (klein-, mittel-, groß-/bildungsbürgerlich), zu demonstrieren, auch wenn es, wie wir noch sehen werden, finanziell schwerfiel. Sie maßen der Demonstration, im Besitz bürgerlicher Kultur zu sein, hohe Bedeutung zu. 259 REDLICH, Staats- und Reichsproblem 1, im Besonderen S. 694–701, 715–732 und 402; vgl. auch HARM-HINRICH BRANDT, Liberalismus in Österreich zwischen Revolution und großer Depression. In: Liberalismus im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, hg. von Dieter Langewiesche (Göttingen 1987), S. 136 und 139. 260 Siehe Kapitel „Parteipolitische Konfliktszenen“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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