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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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219 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital Mittelpunkt der Familie und seine Mutter als selbstloses Wesen, das nur für die Familie lebte. „Sie hat nicht so eigentlich ein Eigenleben geführt, alles war bei ihr vorzugsweise ein Mitleben mit ihren Nächsten, ein sich beständiges Sorgen für uns.“414 Auf ähnliche Weise charakterisiert Luisa Hálová ihre Mutter. „Mutter war eine vorbildliche Hausfrau und vortreffliche Köchin, überaus arbeitsam und or- dentlich. Sie war eine höchst sorgsame Mutter und ergebene Ehefrau, hatte einen ausgeprägten Sinn für Sittlichkeit und alle häuslichen Tugenden, welche sie ihren Kindern einzutrichtern trachtete.“415 Wir bemerken: „Wirtschaftlichkeit“ wurde als eine wichtige Tugend von Beamtenfrauen entsprechend gewürdigt. Auch der Hofbeamte Friedrich Mayr, eher aus bescheidenen bürgerlichen Wiener Verhält- nissen stammend, hebt die gute Haushaltführung und „Ergebenheit“ seiner Mut- ter gegenüber seinem Vater hervor: „Meine Mutter […] war dem Gatten für das ganze Leben unbedingt ergeben, hing an ihm mit rührender immer gleicher Liebe und Verehrung, führte ihm pflichtgetreu und mit sorgsamen Verständnis und wei- ser Sparsamkeit den Haushalt und war eine stets zärtlich besorgte, aufopfernde Mutter ihren Kindern unaussprechliche Güte, Sanftmut und Liebenswürdigkeit [sic!], das Musterbild einer Gattin, Hausfrau und Mutter.“416 Die Beamtenfrauen hatten den sozialen Status ihrer Männer nicht nur zu teilen, sondern auch zu repräsentieren. Zu den Pflichten einer guten Ehefrau eines ge- hobenen Beamten gehörten die Einteilung des Haushaltsbudgets, des Speiseplans sowie die Kontrolle der entsprechenden Einkäufe, sie war für die Wohnung mit dem entsprechenden Interieur verantwortlich, hatte Gouvernanten, Hauslehrer sowie das Dienstpersonal zu überwachen, ihr war voll und ganz die Erziehung der Kinder zugeteilt. Bei ihren Auftritten an der Seite ihres Mannes hatte sie den Glanz des Hauses durch Garderobe und Schmuck zu repräsentieren (oder geschickt vor- zuspielen) und die Kultur des Hauses durch möglichst zahlreiche Opern-, Theater- und Konzertbesuche, Gesellschaften, Mittag- und Abendessen, Bälle, Kränzchen, literarische sowie musikalische Salons zu demonstrieren. Der Hausherr, einge- zwängt in sein Arbeitskorsett, überließ traditionsgemäß den weiten Bereich der Kultur seiner Frau und schien in der Familie nur peripher auf. Das änderte sich nicht im 19. Jahrhundert.417 Berufsarbeit kam für eine bürgerliche Ehefrau bis weit in das 20. Jahrhundert nicht infrage, selbst als die Frauen sich Zugang zu qualifi- 414 SEEGER, Mittelpunkt war der Vater, S. 201 f. und 237. 415 HÁLOVÁ. In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 274 f. 416 FRIEDRICH FREIHERR von MA�R, Geschichte der Familie Mayr, Manus, S. 14, PA HENCKEL-DONNERSMARCK. 417 Vgl. HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 309–321.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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