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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 232 Status, desto mehr Urlaub konnte sich der Beamte leisten. Daher zählte auch „das Urlaubnehmen“ zum allgemeinen gesellschaftlichen Prestige und wurde entspre- chend eingesetzt. Die „Sommerfrische“ und die Absolvierung von Kuren hatten Tradition. Es ist nachweisbar, dass Beamtenfamilien bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts in die ehemaligen Dörfer rund um Wien wie Mödling, Maria Enzersdorf, Perchtolds- dorf auf Sommerfrische fuhren, teilweise dort Häuser besaßen, wie die Familien Pratobevera, Pilat, der Beamte Franz Grillparzer.461 Der Radius der Sommerfrische sollte sich bald über die unmittelbare Umgebung Wiens hinaus beträchtlich erwei- tern. Schon um die Jahrhundertmitte berichtet die Familie Salzgeber von ärztlich empfohlenen Kuren in Bad Gastein und in Bad Ischl.462 In den Erzählungen von Wiener Beamten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist merkwürdigerweise (im Gegensatz zu den oben erwähnten Lebensgeschichten der tschechischen Beam- ten) wenig vom Prestigeobjekt der Urlaubsaufenthalte die Rede. Die Orte an der Südbahn, Baden, Semmering, Payerbach, Reichenau sowie das Salzkammergut und Gastein, selbstverständlich die Kaisersommerresidenz Ischl, wohin sich eventuell die Hochbürokratie verfügte, erlebten in dieser Hochkonjunktur der Sommerfri- sche bekanntermaßen eine besondere Blüte, die von der Geschichtswissenschaft in den letzten Jahren erforscht wurde. Es ist von den Aufenthalten vieler Künstler, den Leistungen der Architekten und Unternehmer, der Sommerfrische-Gesellschaft im Allgemeinen die Rede, wobei allerdings kaum Beamte vorkommen.463 Das heißt nicht, dass diese nicht an den Sommeraufenthalten teilnahmen, es bedeutet, dass sie einerseits für die Tourismusforschung nicht interessant genug waren, um sie zum Forschungsgegenstand zu machen, es drückt aber auch andererseits aus, dass den meisten Staatsdienern die erwähnten Orte (im Salzkammergut und in der Semme- ring-Gegend) zu exklusiv und teuer waren, um dort den Urlaub zu verbringen. Der hohe Justizbeamte Adolph Pratobevera Freiherr von Wiesborn (1806–1875) fuhr in den späten 1860er-, frühen 1870er-Jahren nach Graz, in steirische Orte sowie nach 461 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 270 f. 462 Wilhelmina Salzgeber an ihre Tochter Minna Russegger, Gastein, 27. August 1851, Ischl, 9. Juli 1855, S. 70 und 81, PA BLECHNER, Zur Geschichte der Familie Blühdorn, Briefe, Manus. 463 WOLFGANG KOS (Hg.), Die Eroberung der Landschaft. Semmering* Rax* Schneeberg. (Ka- talog zur Niederösterreichischen Landesausstellung Schloss Gloggnitz 1992, Wien 1992); WIL- LIBALD ROSNER (Hg.), Sommerfrische. Aspekte eines Phänomens. Die Vorträge des Nieder- österreichischen Instituts für Landeskunde Reichenau an der Rax, 5.–8. Juli 1993 (= Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 20, Wien 1994).
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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