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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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VII. Josephinismus und Moderne um 1900 274 Maler des 18. Jahrhunderts Jan Matejko von seinem „hoch verehrten Freund“, dem Maler und Schriftsteller Witkiewicz, den er in Abano kennengelernt hatte, in die deutsche Sprache zu übersetzen.592 Viele Briefe zeigen Perioden, in denen er mit seinem Schicksal, der Welt und der Tatsache haderte, dass diese Existenz von seinen Freunden (darunter von Karl Kraus) finanziell getragen werden musste. Er fühlte sich in diesen Zeiten in Steinhof unfrei, verfolgt von Vorstellungen, von Ärzten und Sachwaltern betrogen zu werden. Es traf ihn sehr, dass in seinem Pati- entenbogen ein zweimaliger Selbstmordversuch vermerkt wurde.593 Die ehemalige Begeisterung schlug vor allem während seines zweiten Aufenthalts in Steinhof um, als im Sommer seine Krankheit intensiver wurde. Er wollte die Anstalt, die er als „seinen Kerker“ sah, unbedingt verlassen,594 wurde schließlich von den Freunden in das Sanatorium nach Rekawinkel übersiedelt. Von dort wurde er nach dem Februar 1911 von seiner Mutter und seinen Schwestern – aus Gründen der hohen Kosten, die seine mittellose Familie trotz der Unterstützung der Freunde nicht zu tragen vermochte595 – in ein Sanatorium nach Warschau überstellt. Sein trauriges Ende – vermutlich nach einem dritten Selbstmordversuch – erfolgte im Juli 1911. Wir wissen nicht, was der Auslöser für Janikowskis Krankheit war. Hatte etwa sein ungeliebter Beamtenberuf ein gerüttelt Maß Anteil an seiner „nervlichen Zer- rüttung“? Die verantwortlichen Leiter der Amtsbibliothek hatten 1907/1908 ge- wechselt. Sein unmittelbarer Vorgesetzter war Sektionschef geworden, einer seiner Kollegen, der nicht wie er mit der Leitung der Bibliothek beauftragt war, wurde sein unmittelbarer Vorgesetzter. Oder war es die Spannung zwischen dem Bohe- mienleben bei Nacht und dem Beamtenleben bei Tag, das bei ihm die Krankheit auslöste? Jedenfalls sind wir bei Lektüre seiner Briefe mit schweren Selbstvorwürfen über seinen unsteten Charakter und seine schlechte Lebensführung konfrontiert.596 592 Janikowski an Karl Kraus, Abano, 12. 12. 1909, H.I.N. 169.155, WIENBIBLIOTHEK IM RAT- HAUS, Handschriftensammlung, Teilnachlass Karl Kraus. 593 Janikowski an Karl Kraus, Steinhof, November 1909, H.I.N. 169.154, 19. Februar 1910, H.I.N. 169.157, März 1910, H.I.N. 169.166, März 1910, H.I.N. 169.167, 9. April 1910, H.I.N. 169.161, WIENBIBLIOTHEK IM RATHAUS, Handschriftensammlung, Teilnachlass Karl Kraus. 594 Janikowski an Karl Kraus, Steinhof, Juni 1910, H.I.N. 174.163, Juli 1910, H.I N. 169.165, H.I.N. 169.168, H.I.N. 169.169, August 1910, H.I.N. 174.642, August 1910, H.I.N. 174.639, WIEN- BIBLIOTHEK IM RATHAUS, Handschriftensammlung, Teilnachlass Karl Kraus. 595 Janikowski an Karl Kraus, Rekawinkel, 26. Jänner 1911, H.I. N.169.172, Antonina Janikowska (Schwester von Ludwig) an Karl Kraus, 20. Jänner 1911, H.I.N. 174.637, WIENBIBLIOTHEK IM RATHAUS, Handschriftensammlung, Teilnachlass Karl Kraus. 596 Zum Beispiel Janikowski an Karl Kraus, Steinhof, 19. Februar 1910, H.I.N. 169.157, WIEN- BIBLIOTHEK IM RATHAUS, Handschriftensammlung.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Josephinische Mandarine
Subtitle
Bürokratie und Beamte in Österreich
Author
Waltraud Heindl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
336
Keywords
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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