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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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167 Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst In den folgenden Kapiteln sollen Überlegungen zu der „Renaissance“ von Kartonzeichnung und Freskomalerei in Zusammenhang mit der nazarenischen Kunst und ihrer Programmatik im frühen 19. Jahrhundert angestellt werden. Vor dem Hintergrund einer neu entfachten De-batte um die Rolle der Kunst im öffentlichen Leben und der Forderung nach wirkungsmächtigen neuen Kunstfor-men werden in erster Linie die großen geschichtlichen Monumental-Zyklen der Nazarener und ihres Umkreises, ihre Genese sowie Intentionen und Implikationen disku-tiert. In der Folge soll Kupelwiesers Freskenzyklus in den Kontext politischer und kultureller Bedingungen jener Epoche der österreichischen Monarchie gestellt und be-wertet werden. Dabei wird vor allem auch auf Konflikte und Strategien bei dem Versuch der Konstruktion von einer österreichischen Identität eingegangen.Nicht nur das Fresko, auch der Karton bot den Vertretern des nazarenisch geprägten Idealismus eine Reihe von Eigenschaften in ideeller wie auch in praktischer Hin-sicht, die ihn zum bevorzugten Medium werden ließen. Durch seine Größe dazu prädestiniert, der Öffentlichkeit wirkungsvoll als monumentales Lehrbuch der Religion und Geschichte präsentiert zu werden, wurde er durch die Abwesenheit von Farbe, „Statthalter des Realismus“548, zum idealen Vermittler der komplexen Bildinhalte, von denen keine vordergründige Naturimitation, kein Farben-spiel, keine virtuose Pinselführung ablenkte. Ohne die Ein schränkung der lokalen Bindung einer Wandmalerei konnte der Karton verschickt und auf Ausstellungen gezeigt werden; er verhalf dem Künstler dadurch zur Unabhängig-keit vom Auftraggeber und der Bildidee zu einem weit grö-ßeren Publikum, als es die – oft in nicht öffentlichen Gebäuden ausgeführten – Fresken je vermocht hätten; nicht zuletzt waren sie den Stechern leicht umzusetzende Vorlagen für ihre Reproduktionsgraphiken. Zunehmend lösten sich Kartons dabei aus dem Zusammenhang der Werkgenese und wurden in der Wahrnehmung der Künst-ler sowie der Rezipienten zu eigenständigen Kunstwerken. Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs In ihrer Arbeit Das Fresko als Idee549 untersucht Magda-lena Droste Bedingungen, Konzeptionen und Auswirkun-gen von Wandmalerei, wie sie von den Künstlern des Nazarener-Kreises bzw. aus dessen Umfeld aufgefasst und praktiziert wurde. In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse zusammengefasst und in Zusammenhang mit den Ver-hältnissen in der österreichischen Monarchie und im Speziellen mit der Arbeit Leopold Kupelwiesers im Statt-halterei-Gebäude diskutiert werden. Als Gründungsdokument nazarenischer Reformbe-strebungen ging Cornelius’ Brief an Joseph Görres vom 3. November 1814 in die Kunstgeschichte ein. Cornelius fordert hier die Einführung der Freskomalerei als natio-nale Kunst und formuliert dabei bereits auch die wesent-lichen Punkte eines neuen Kunstkonzepts, das über eine Bildnorm, die Stilkonzeption, Maltechnik, Arbeitsverhält-nis und Wirkungsbereich Öffentlichkeit beinhaltet, defi-niert wird. Im Folgenden sollen die einzelnen Aspekte genauer erläutert werden.Gemäß der Forderung, in der Malerei nach Wahrheit, nicht nach bloßer Wirklichkeit zu streben550, wird bewusst auf die Effekte des Pinsels um ihrer selbst willen ver-zichtet und die Linie bzw. der Umriss als Träger des Gedankens im Dienste dieser Wahrheit das bevorzugte Ausdrucksmittel.„Da die Pinselstriche nur notwendige Übel und Mittel zum Zweck sind, so fanden wir es lächerlich, damit zu prahlen und einen Werth in die Kühnheit zu legen, mit welcher sie hingesetzt sind“, schreibt Franz Pforr 1810.551 Durch diese freiwillige Beschränkung der formalen Mittel wurde ein Maß von Abstraktion geschaffen, die das Werk zu einem Verweis auf etwas Geistiges, Höheres nobilitiert. Die Darstellung von allgemeinen, verbindlichen Qualitäten eines Gegen-standes erfordert dabei die Einengung individueller Gestaltungsmittel und einen Verzicht auch auf Subjekti-vität dem Stoff gegenüber. Diese Konzeption resultierte schließlich zumindest am Beginn nazarenischen Kunst-schaffens in einem linearen, flächigen, Perspektive und Raum vernachlässigenden Stil. Die Farbe als beherr-schende sinnliche Erscheinung der materiellen Welt wird von der Gegenstandsbezeichnung gelöst und als symbo-lisches Ausdrucksmittel eingesetzt. Pforr schreibt: 548 Kuhlmann-Hodick (1999) p. 45.549 Droste (1980).550 Richter (1909) p. 155.551 Pforrs Studiumsbericht an Sarasin, Wien 1810, zit. nach: Fastert (2000) p. 56f.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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