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genau in der Form auch in den Fresken. Wären die
Verän-derungen
erst nach Abschluss der Arbeiten in der
Statt-halterei
vorgenommen worden, hätte es keine Vorlage für
dieses Dekorationselement im Bereich der
Stichkappen-felder
gegeben. Nicht zuletzt ist die Zeichnung des
Kran-zes,
der Bänder und der anderen dekorativen Elemente
auf den Porträtkartons trotz ihrer flüchtigen Ausführung
sehr souverän und trägt Kupelwiesers Handschrift.
Die vier Herrscherporträts: Formatveränderung,
Kaschierung und dekorative Gestaltung
Zunächst wurde das Format der Kartons für die vier
Herr-scherporträts
verändert, indem mehrere Bögen von
dickem Packpapier mit Büttenrändern an den
ursprüng-lichen
Papierträger angesetzt wurden.841 Die Reihenfolge,
in denen die Papierbögen angesetzt wurden, ist dabei
unterschiedlich und folgt keinem durchgehenden
Schema, wie das bei den Kartons für die großformatigen
Decken- und Wandgemälde der Fall ist. Zunächst wurden
die Blätter an den oberen, unteren oder seitlichen Kanten
des Blattes, auf dem sich das Porträt befindet, angeklebt.
Danach wurden weitere Papierbögen wiederum an diese
Bögen angesetzt. (Abb. 350)
Vermutlich war der Karton zunächst nicht kaschiert, da
sich an den Rändern zahlreiche Risse und Fehlstellen
finden und vor dem Aufziehen des Kartons auf
Molino-Stoff838
im 20. Jahrhundert offenbar keine frühere
Kaschierung abgenommen wurde, nachdem das Papier
an keiner Stelle gedünnt ist.
Die weitere Verwendung von neun Kartons als
Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz
Neun Kartons wurden zu einem nicht genau
bestimmba-ren
Zeitpunkt weiter bearbeitet, um als Dekoration im
Palais Questenberg-Kaunitz an der Decke montiert zu
werden.839 Es handelt dabei um die Kartons zu den
Gemälden Die gekrönte Austria, Odoaker vor dem heiligen
Severin, Leopold I. stürmt Melk, Die drei Erbauer der St.
Stephanskirche, Die Gründung der Universität Wien durch
Rudolf IV., sowie die Kartons zu den Porträts von Rudolf I.,
Maximilian I., Maria Theresia und Ferdinand II. Es gibt
einige Hinweise darauf, dass die Veränderungen der
Kar-tons
kurz vor oder zumindest nicht lange nach deren
Aus-führung
als Fresko vorgenommen wurden. Dazu zählt die
Beobachtung, dass das für die Formatveränderung
ver-wendete
Papier dem Papier der ursprünglichen, kleinen
Porträtkartons gleicht oder diesem zumindest sehr
ähn-lich
ist. Auch die Kaschierleinwand gleicht den Resten
jener Leinwand, auf die der Karton Gottesfurcht
ursprüng-lich
kaschiert worden war und die zu einem frühen
Zeit-punkt,
wahrscheinlich noch während Kupelwiesers
Arbei-ten
in der Statthalterei, abgenommen worden war.840 Das
Motiv des Blätterkranzes um die Herrscherporträts, das
in den ursprünglichen kleinen Porträtkartons fehlt und
erst im Zuge der Formatveränderung und dekorativen
Ausgestaltung der Kartons beigefügt wurde, findet sich
Abb. 348: Detail aus dem Karton
„Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod“;
Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 794. Abb. 349: Mikroskopische Aufnahme des Kartons „Kaiser Marc
Aurel: Markomannenschlacht und Tod“; weiße Kreide und
Zeichenkohle; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 794.
838
Baumwoll-Stoff.839
Wann die Kartons für diesen Zweck verändert wurden, lässt sich
nicht mit Sicherheit feststellen. Zunächst wurden alle Kartons,
in zwei Rollen verpackt, dem Auftraggeber bzw. dem
Niederöster-reich-Archiv
übergeben.
840 Vgl. Kapitel „Kartons zu den
Allegorien“.841
Im Unterschied zu diesen Papierbögen besitzen die Papierbögen,
aus denen alle anderen Kartons zusammengesetzt sind, keine
Büttenränder. Entweder waren diese Papiere schon beschnitten
in den Handel gekommen, oder sie wurden vor dem
Zusammen-setzen
der Papierbahn beschnitten.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306