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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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85 Element wird das Geschehen nur vom oberen und unte-ren Bildrand, nicht aber von den seitlichen Rändern begrenzt; so wird das Schlachtfeld theoretisch nach bei-den Seiten hin fortsetzbar. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren291 Erläuterungstext: „Im zweiten Längsfelde ist der Zug Karls des Großen gegen die Hunno­ Awaren dargestellt, welchem Zuge die Ostmark ihre Gründung verdankte.“ Der Fries zeigt die Eroberung einer awarischen Befesti-gungsanlage292 während eines der Feldzüge Karls des Großen gegen die Awaren.293 Die Figuren sind bildparal-lel angeordnet und in Profilansicht dargestellt. In der Mitte des Bildes befindet sich Karl der Große zu Pferd, mit wehendem Mantel und gezücktem Schwert, auf dem Haupt trägt er die römische Kaiserkrone. Neben ihm reitet ein Mönch, der mit beiden Händen ein Kreuz hochhält. Unmittelbar vor und hinter Karl sind seine berittenen Soldaten dargestellt, welche Speere gegen die fliehenden Feinde schleudern. Einige Awaren wehren den Angriff noch mit Pfeil und Bogen ab, die meisten aber flüchten oder stürzen über Palisaden. Am linken Bildrand ziehen weitere Soldaten Karls des Großen zu Fuß, Hörner blasend und eine Fahne schwenkend, hinter dem Zug der Reiter her. Der Verlauf der Feldzüge wird durch die Verteilung der Krieger im Bild, in dem die fränkischen Reiter Karls fast die gesamte Fläche beanspruchen und die awarischen Krieger buchstäblich an den rechten Bildrand drängen, vorweggenommen. Als Verweis ist auch die formelhaft verknappte Gegenüberstellung der beiden Krieger rechts im Bild zu lesen, in der die Unter-legenheit der Awaren durch einen, von einem fränkischen Speer durchbohrten Reiter versinnbildlicht wird, dessen Pferd, ebenfalls von einem Speer getroffen, in die Knie sinkt.In seiner Komposition bezieht sich Leopold Kupelwie-ser, wie in dem Marc-Aurel-Fries, auf das umlaufende Reliefband einer römisch-antiken Kaisersäule. Formal wird dies durch das Querformat mit extremer Breitener-streckung und die Grisaille-Technik, die ein Tonrelief imitiert, deutlich. Durch das stark betonte horizontale Abb. 122: „Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren“; Fresko; Marmorsaal (Gebäude der Niederösterreichischen Statthalterei). Abb. 123: Detail aus dem zweiten Gesamtentwurf für die Wand- und Decken gemälde: Bildfeld „Öst. für Deutschland erworben von Karl dem Grossen 800“; Bleistift, geripptes Papier, gesamt 418 x 569 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/348. 291 In der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts ist meist von „Hunnen“ und „Awaren“ die Rede. Den schon im zweiten Pro-grammentwurf verwendeten Begriff „Hunnawaren“ hat Kupelwie-ser möglicherweise von Ziska übernommen (Ziska 1847 p. 33). In einer der frühesten Quellen über die Awaren, dem um 600 ver-fassten sogenannten Maurikios­ Strategikon, einem Kriegshand-buch, wurden die Barbaren in drei Gruppen eingeteilt: die blon-den Völker, darunter Franken und Langobarden, die Skythen, d. h. Awaren, Türken und andere hunnische Völker, und die Slawen und Anten (Vgl.: Pohl 2002, p. 5). Synesios von Kyrene stellte um das Jahr 400 fest, es gäbe keine neuen Barbaren, die alten Sky-then erfänden immer neue Namen, um die Römer zu täuschen. Diese unpräzise Bezeichnung setzte sich bis in die Kloster-Chro-niken der Karolingerzeit fort: Hier werden die Hunnen oft Sky-then genannt und die Awaren und Bulgaren hielt man für Hun-nen (Pohl 2002, p. 4). Aufgrund der spärlichen Quellenlage ist eine allgemein anerkannte ethnisch-sprachliche Zuordnung der Awaren nicht möglich. 292 Möglicherweise stellte Kupelwieser hier die Erstürmung des soge-nannten „Rings“ dar. Der Ring war die Hauptburg der Awaren und Residenz ihrer Fürsten. Vgl.: Pohl (2002) p. 456, Anm. 174.293 Die Awarenkriege Karls des Großen werden in die Jahre 791 bis 803 datiert.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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