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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 25 mal wie bereits in den „Gehorsamen Rebellen“ das skurrile Moment festgehal- ten, dass Beamte zwar beschriebene Papiere wie Sand am Meer produzieren, dass aber die meisten zur Bildung ihrer Geschichte kaum taugen. Sie sagen über die Staatsdiener selbst, ihre Bedeutung in der einen oder anderen Angelegenheit, ihre Meinungen, nur wenig aus. Den Beamten sei gedankt, dass sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine enge Beziehung zur (mehr oder weniger) schönen Literatur und Lyrik ent- wickelten, daher selbst häufig schrieben, etwa Lebenserinnerungen produzierten, die in Bibliotheken und öffentlichen Archiven sowie im Privatbesitz schlummern. Jede Auswahl ist natürlich problematisch. Die im Privatbesitz befindlichen und die unpublizierten Quellen hatten für meine Arbeit Vorrang, da sie unbekannt sind. Die publizierten Memoiren zu verwenden versteht sich von selbst. Die in den Archiven schlummernden Nachlässe von wichtigen Beamten – infrage kam in erster Linie das Haus-, Hof- und Staatsarchiv sowie das Allgemeine Verwaltungs- archiv in Wien sowie die Archive anderer Ministerien – wurden gesichtet und teilweise für die Arbeit benützt. Dabei stellte es sich heraus, dass es beim Verfassen der Memoiren genauso wie bei der Erledigung der Akten eine starke Tendenz zur Standardisierung gibt. So wurde in den meisten Memoiren viel über Elternhaus, Kindheit, Ausbildung und die großen Stationen der Karrieren erzählt. Liebe, Ehe- leben und Familie, die, so hoffen wir, auch für Beamte einen wesentlichen Wert in ihrem Leben darstellten, werden weitgehend ausgeblendet.12 Ebenso wenig be- schrieben wird – außer in Ausnahmefällen, die aber meistens erst nach dem Ende der Monarchie publiziert wurden – die eigentliche Amtstätigkeit. Die Kenntnisse über die private Lebenswelt der Beamten verdanken wir eher den Aufzeichnun- gen von Beamtenfrauen, die allerdings nur spärlich vorhanden sind. Die Beamten schildern uns ihr mehr oder weniger buntes, ihr mehr oder weniger bedeutsames Leben, alle in sehr ähnlicher Weise, sodass die aufmerksame Leserin/der aufmerk- same Leser nach der Lektüre einer gewissen Anzahl von Lebenserinnerungen ei- gentlich nicht mehr erfahren hat als das, was sich für einen Beamten in elitärer Stellung der Nachwelt weiterzugeben schickte. Das Amtsgeheimnis, das sie über den Tod hinaus verpflichtete und das sie offensichtlich internalisiert hatten, hielt sie – so scheint es – davon ab, zu viel aus ihrem Behördenleben oder gar dezidierte 12 Diese Beobachtung machte auch Gerald Stourzh bei der Beurteilung der Aufzeichnung eines seiner Beamten-Ahnen, GERALD STOURZH, „Aus der Mappe meines Urgroßvaters“: Eine mährische Juristenlaufbahn im 19. Jahrhundert. In: GERALD STOURZH, Der Umfang der österreichischen Geschichte. Ausgewählte Studien 1990–2010 (= Studien zu Politik und Verwal- tung 99, Wien/Köln/Graz 2011), S. 126.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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