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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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3. Definitionen, Details und Daten 27 monarchischen Bürokratie. Friedländer fährt mit seinem Entwurf eines Sozio- gramms fort: „Wenn man einmal ein Beamter ist, dann kann man leicht ein Snob sein, da gehört man ohne Zweifel zur Herrenklasse. Und wenn man als Beam- ter arm ist, muss man sich nicht genieren, denn Armut ist für den Beamten nur ehrenvoll.“15 Die Idealisierung mag nostalgischen Gefühlen entsprungen sein, dennoch umreißt sie idealtypisch das Bild der gesellschaftlichen Position der hö- heren kaiserlich-österreichischen Staatsbeamten als – unabhängig von Einkom- men und materiellem Wohlstand – prestige- und einflussreiche, machtvolle Elite, eine Darstellung, wie sie uns, wie erwähnt, in manchen Kunstprodukten entge- gentritt. Der Frage, wieweit dieser Topos aber auch der historischen Wirklichkeit ent- spricht, ist, wie gesagt, nicht einfach auf die Spur zu kommen, denn abgesehen von den üblichen Kategorien der historischen Quellenkritik, die hinsichtlich pri- vater Aufzeichnungen noch viel strenger zu gelten haben – das Beamtentum ist äußerst vielschichtig. Allein der Begriff Bürokratie ist doppeldeutig: Das Wort bezeichnet die Institution, den Apparat, gleichzeitig meint der Begriff aber auch die Gruppe der Beamten, die diese Institution ausmachen. Diese beiden Faktoren sind voneinander nicht zu trennen. Die Gruppe der Beamten wurde von „ihrem“ Apparat geprägt und veränderte diesen wiederum in einem ununterbrochenen Prozess. Vorausschickend sei festgestellt, dass im Folgenden von Beamten und Bürokratie ausschließlich in Gestalt der Staatsbürokratie die Rede ist. Der Typ des Privatbeamten, der sich gerade in der Periode der zweiten Hälfte des 19.  Jahr- hunderts sehr stark nach dem Vorbild des Staatsbeamten entwickelte, bleibt aus- geklammert. Unter dem Stichwort Bürokratie stellt sich vermutlich jede Person etwas ande- res vor. Für gewöhnlich tritt das staatsbürgerliche Publikum mit der Bürokratie in reale soziale Kommunikation, wenn es mit unangenehmen Finanzbeamten, unbeugsamen Polizisten oder streng schnüffelnden Zollbeamten, also mit staat- licher Kontrolle, zu tun hat. Diese Erfahrungen mit staatlichen Eingriffen, Beob- achtungen und Zensur werden als höchst unangenehm empfunden. Nur selten kommt das sogenannte Volk mit gebildeten, kreativen Beamten, also mit Beam- teneliten, in Kontakt. Das Bild, das uns von der Staatsbürokratie in den (Bou- levard-)Medien entgegentritt und das die öffentliche Meinung prägt, verbessert nicht das Image der Beamten. Auffallend ist: Die Institution Bürokratie wird fast 15 OTTO FRIEDLÄNDER, Letzter Glanz der Märchenstadt. Das war Wien um 1900 (= Aus- triaca, Wien/München 1969), S. 74.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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