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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 63 -
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4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 63 den Beamten verlangte, durch die äußere Erscheinung die Abkehr von revolutio- närer Gesinnung zu demonstrieren: Er verbot mit einem Ah. Kabinettsschreiben allen Hof- und Staatsbeamten das Tragen des Vollbartes als Ausdruck rebellischer Denkart.110 Für das Haus Habsburg, das (wie später ausgeführt werden wird) so- wohl die Regenten- als auch die Beamtenpflichten im Sinne des frühzeitlichen Theoretikers Justus Lipsius verstand, war durch das unbotmäßige Verhalten von Beamten und dessen möglichen „staatszersetzenden“ Folgen eine Welt ins Wan- ken gekommen! Diesem nicht mehr zeitgemäßen Verständnis entsprang wohl auch derselbe Fehler, den man 1859 in Venetien nach dem Krieg gegen Piemont- Sardinien und Frankreich wieder machte, obwohl man aus Erfahrung wusste, wie schwierig sich die spätere Reparatur des Schadens der von den Kriegsgerichten streng und oft ungerecht verhängten Urteile gestaltet hatte.111 Allerdings war zum Zeitpunkt 1859 die Macht der Polizei und der Kriegsge- richte im gesamten Gebiet der Monarchie bereits eingeschränkt, da die Strafpro- zessordnung von 1853 in § 153 festsetzte, dass bei einer „vorläufigen Verwahrung“ der/die Verdächtige innerhalb von 48 Stunden dem Untersuchungsrichter vorzu- führen wäre.112 Dieser musste die sofortige Freilassung verfügen, wenn der Haft- grund – etwa wegen fehlender Beweise – wegfiel. Der Willkür der Polizeibehörden schien ein Riegel vorgeschoben zu sein. Die Beamten der Polizei, der Statthalterei und der Statthalter selbst jedoch agierten den italienischen Beamten gegenüber, die sie der „revolutionären“ Umtriebe, ja nur der revolutionären Gesinnung allein, verdächtigten, unbarmherzig. Andreas Gottsmann zeigte in seinem Buch „Vene- tien 1859–1866“ die Behandlung von „staatsfeindlichen“ (italienischen) Beamten durch die Beamten der Polizei und Statthalterei. In der Liste der „politisch ver- dächtigen Personen“, 367 an der Zahl, waren viele Beamte vertreten, die im Fall der Verhängung des Belagerungszustandes sofort zu verhaften gewesen wären.113 Nach dem Krieg von 1859 wurden „unverlässliche“ Beamte der Statthalterei so- 110 Ah. Kabinettsschreiben vom 12. September 1852, siehe Ministerkonferenzprotokoll vom 14. Sep- tember 1852, ÖMR. III/1. 111 Besonders aufschlussreich bezüglich hoher Beamter und Würdenträger Ministerkonferenzproto- koll vom 6. Juli 1852/I, ÖMR. III/1. 112 GOTTSMANN, Venetien, S. 398. 113 GOTTSMANN, Venetien, S. 388. Über die Verwaltungsstruktur und die hohe Bürokratie in Lombardo-Venetien auch BRIGITTE MAZOHL-WALLNIG, Österreichischer Verwaltungs- staat und administrative Eliten im Königreich Lombardo-Venetien 1815–1859 (= Veröffentlichun- gen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte 146, Mainz 1993).
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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