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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 86 -
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IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 86 Beamten als auch die entsprechende Gesinnung und die damit verbundene Wer- torientierung betraf. Es war zu erhoffen, dass die Beamten dem Staat – und nicht mehr wie bisher dem absolut regierenden Regenten – verpflichtet sein würden. Doch dies geschah nicht. Zwar hielt man es für notwendig, im Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 „über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger“ ausdrück- lich festzulegen, dass „alle öffentlichen Ämter für alle Staatsbürger gleich zugäng- lich“ seien.2 Doch verstand es die Krone, die Beamten durch die Verfassung recht- lich weiter an sich zu binden. Denn im Artikel 3 des Staatsgrundgesetzes sicherte sie sich die Oberhoheit über den Machtfaktor Bürokratie. Es wurde nicht nur festgestellt, dass der Kaiser die „Regierungsgewalt durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten ausübt“, sondern zu- sätzlich betont, dass er der oberste Gebieter der Beamten sei: „Der Kaiser ernennt und entlässt die Minister“, so heißt es, „und besetzt über Antrag des betreffenden Ministers alle Ämter in allen Zweigen des Staatsdienstes, insofern das Gesetz nicht ein anderes verordnet“.3 Damit blieben die Beamten weiter „kaiserliche“ Beamte, und erst in zweiter Linie wurden sie als Staatsbeamte begriffen, die in demselben Gesetz streng verpflichtet wurden, innerhalb ihres Wirkungskreises auf die Ein- haltung des Staatsgrundgesetzes zu achten, wofür sie „verantwortlich“ zu machen waren. Dies stand den Organen zu, die die Disziplinargewalt innehatten. Damit blieb die Haftung des Beamten im Amtsweg (seit einem Hofdekret von 1806) aufrecht, ohne dass die Amtshaftung des Staates angesprochen worden wäre.4 Für die zivilrechtliche Haftung wurde ein eigenes Gesetz in Aussicht gestellt, das al- lerdings während der Zeit der Monarchie nie erschien. Die richterlichen Beamten waren bereits seit 1859 von der Amtshaftung ausgenommen.5 Und für sie erfolgte 1872 ein Syndikatsgesetz, durch das prinzipiell die Amtshaftung des Staates zu- mindest für die Richter anerkannt wurde. Der unbedingte Wille des Kaisers zur Macht über den Verwaltungsapparat kam auch in dem im Grundgesetz festgesetzten Wirkungskreis des Reichrates zum Ausdruck, zu dem lapidar lediglich „die Gesetzgebung über die Grundzüge der Gerichts- und Verwaltungsbehörden“ – und nicht mehr als die Grundzüge – ge- 2 RGBL. Nr. 142/1867, BERNATZIK, Verfassungsgesetze Nr. 134, S. 422. 3 Artikel 2 und Artikel 3 („Über die Regierungs- und Vollzugsgewalt“), RGBL. Nr. 145/1867, BERNATZIK, Verfassungsgesetze, Nr. 137, S. 435 f.; siehe auch HEINDL, Was ist Reform?, S.  168 f. 4 BERNATZIK, Verfassungsgesetze, Nr. 137, S. 438. 5 Dazu WERNER OGRIS, Die Beamten in der Habsburgermonarchie. In: Die Verwaltung. Zeitschrift für Verwaltungswissenschaft 18/2 (1985), S. 214 f.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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